Es gibt wenige Theatergruppen, mit so einem guten Gespür für den Wahnsinn der Jetzt-Zeit: andcompany&co sind Pop, Politik und Postmoderne – und gleichzeitig das Gegenteil von all dem: Ein Atomangriff auf festgefahrene Diskurse, auf den Diskurs überhaupt; Reizüberflutung ist die Massenvernichtungswaffe der Wahl. Ein Glück für Theaterfans, dass sich das Berliner/Frankfurter Kollektiv auch im Ruhrgebiet recht wohl zu fühlen scheint: Vergangenes Jahr spielten sie im Ringlokschuppen „WARPOP MIXTAKE FAKEBOOK VOLXFUCK PEACE OFF! 'Schland of Confusion“, ein Titel wie ein Jahresrückblick auf billigem Speed (aber bewusstseinserweiternd!) und sind nun zurück an der Ruhr, mit dem „Agit-Musical“ „Not my revolution if …: Die Geschichten der Angie O.“. Das Gastspiel im Ringlokschuppen erschlägt seine Zuschauer am Samstag (14.1.) um 20 Uhr.
Die Parallelen zur „letzten Verteidigerin der freien Welt“ (Presse) bzw. „Volksverräterin“ (Lügenpresse) im Titel sind offensichtlich. Merkel als Vorlage für eine Revoluzzer-Figur, hier eine Leitfigur einer global agierenden Anti-Globalisierungsgegnerin? Warum nicht? Wenn sich die Mehrheit faschisiert, muss man ja Minderheit sein – also umgekehrt auch. Oder nicht?
Noch einmal in einfach für alle, die den Text nicht bis hierhin gelesen haben: andcompany&co. kritisieren den Diskurs nicht, sie unterwandern ihn, akzeptieren den Wahn und zerstören ihn von innen. Also, den Diskurs, nicht den Wahn.
Klingt anstrengend? Wird’s wohl auch. Macht nix. Wenn sowas nicht mehr auf Bühnen tobt, dann ist das nicht mehr mein Theater.
„Not my revolution, if ...: Die Geschichten der Angie O.“ | von andcompany&co | Sa 14.1. 20 Uhr | Ringlokschuppen Mülheim | www.ringlokschuppen.ruhr
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