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Fragen der Zeit      Zukunft JETZT

POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet

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Composing: Robert Michalak
 

Gut Informiert / Was ist uns Journalismus wert
Intro (Link zur Langfassung)

In Deutschland gilt Pressefreiheit. So steht es im Grundgesetz, und auch das unüberschaubare Angebot an journalistischen Medien legt nahe, dass es gut bestellt ist um „das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“ (GG Art. 5 Abs. 1). Auch mit Blick auf so manch anderes Land sollte man sich darüber glücklich schätzen dürfen, dass zu jeglichem öffentlich relevanten Anliegen diverse, auch einander widerstreitende, Standpunkte vertreten werden, handfeste Informationen leicht verfügbar sind und Journalisten und Redaktionen für ihre Veröffentlichungen einzustehen haben. Trotzdem scheint an diesem Bild etwas nicht zu stimmen: Qualität, Rolle, Transparenz und Wahrhaftigkeit stehen infrage, vielleicht mehr denn je. So bleibt es fraglich, was wir von Journalismus erwarten, wie breit oder ausgeglichen das Meinungsspektrum ist, was guten von schlechten Journalismus unterscheidet oder wie freie Berichterstattung am besten gewährleistet werden kann.

Gut Informiert / Was ist uns Journalismus wert
Teil 1: Meinungsvielfalt

Die üblichen Verdächtigen in den Talkshows, Generalsekretäre, Ministerpräsidenten, Wirtschaftsbosse und allzuständige vermeintliche Experten. Dergleichen Befunde richten sich vor allem gegen den ÖRR, der ausgewogen und, aufgrund finanzieller Unabhängigkeit, mit besonderer Sorgfalt berichten soll. An kritischen Nachfragen mangelt es ebenso in freien, meist privaten Medien, die die Bandbreite der politischen Meinungen nicht nur abbilden, sondern ebenso nach eigener Ausrichtung befördern. So liegt es einer überwältigenden Anzahl von Medienkonzernen fern, wirtschafts- und verteilungspolitische Leitlinien ernsthaft infrage zu stellen. Doch wann ist Journalismus nur noch Lobbyismus? Lobend geht der Blick zurück zu einem britischen Journalisten, der Ende der 90er einem Interviewpartner 12 Mal die gleiche Frage stellte, da der hartnäckig einer Antwort auswich. Was sagt es aus, wenn immer gerne solche teils lange zurückliegenden Beispiele bemüht werden, um anzudeuten, was Journalismus u.a. sein sollte?

Gut Informiert / Was ist uns Journalismus wert
Teil 2: Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk

Zu seiner Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg galt der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) als umstritten staatsfern. Heutige Gegner werfen dem durch die Öffentlichkeit finanzierten ÖRR Parteilichkeit, Staatsgehorsam, politische Zensur, Indoktrination und Korruption vor und verlangen seine Abschaffung. Tatsächlich gibt es zahlreiche Beispiele für verschwenderische Haushaltspolitik in der schier unüberschaubaren ÖRR-Senderfamilie, für Vetternwirtschaft, Überversorgung von Leitungspersonal oder die Ausnutzung von freien Mitarbeitern. Zu viel Unterhaltung, Lokalkitsch statt Lokaljournalismus, zu wenig informationelles Kerngeschäft lauten weitere Vorwürfe. Gekocht, gequizzt und getratscht werde im privaten Rundfunk ohnehin zur Genüge, der ÖRR solle sich auf sein demokratisch begründetes Kerngeschäft konzentrieren. Welche Vorwürfe treffen zu, welche sind überzogen, und kann die laufende Reform des ÖRR-Staatsvertrags dem abhelfen? Können wir trotz allem glücklich sein, einen ÖRR zu haben?

Gut Informiert / Was ist uns Journalismus wert
Teil 3: Finanzierung

Überregionale Tageszeitungen und kostenlose lokale Wochenzeitungen haben jahrelang ihr Personal ausgedünnt und freie Mitarbeiter mit ‚Taschengeld‘-Honoraren abgespeist. Dem freien Journalismus fehlt Geld. Die Ursachen sind divers: Unterfinanzierung durch verlegerische Behäbigkeit, der Niedergang des Anzeigengeschäfts, neue, oft kostenlose, (Online-)Konkurrenz, gewandeltes Publikumsverhalten oder mangelnde Alleinstellungsmerkmale. Nutznießer sind die größten „Medienhäuser“, meist unüberschaubar verzweigte cross-mediale Konzerne, deren gesellschaftspolitischer Einfluss kaum überschätzt werden kann. Derweil erproben Redaktionen spendenfinanzierte oder gemeinnützige Modelle, um auf hohem Niveau journalistisch arbeiten zu können. Plädiert wird auch für eine öffentliche Finanzierung freier journalistischer Medien – ähnlich wie Kulturförderung. Gesteht man zu, dass freier Journalismus zur Demokratie gehört und dass die finanzielle Krise die journalistische Vielfalt gefährdet, dann liegt die Suche nach Lösungen nahe – welche?

Gut Informiert / Was ist uns Journalismus wert
Teil 4: Der „cordon sanitaire médiatique“ gibt rechten Parteien keine Bühne – Europa-Vorbild Wallonien

Soll man mit Rechten reden? Glaubt man den Medien in Deutschland, dann lautet die Antwort eindeutig: Ja. Für Einschaltquoten und Klicks nimmt man auch 25 Prozent für die rechtsextreme AfD in Umfragen in Kauf. Dass es auch anders geht, zeigt die Region Wallonien, der französischsprachige Teil Belgiens. Dort haben die öffentlich-rechtlichen Medien bereits vor rund drei Jahrzehnten beschlossen, nicht mehr mit Rechten reden zu wollen. Der „cordon sanitaire médiatique“ (etwa: „mediale Brandmauer“) bietet Menschen, die rassistischen, demokratiefeindlichen Gruppen nahestehen, keine Plattform. Sie werden nicht zu Live-Interviews und Talkshows eingeladen. Eine Berichterstattung findet nur statt, wenn die Aussagen überprüft und eingeordnet werden können. Und der Erfolg gibt ihnen recht. Bis heute hat es keine rechtsextreme Partei in das wallonische Parlament geschafft. Die Partei „Chez Nous“ blieb bei den vergangenen Wahlen unter zwei Prozent.

Gut Informiert / Was ist uns Journalismus wert
Teil 5: Glosse – Wenn Menschenrechte gleich Lügenpresse sind

Es war einmal ein Land, in dem wurde die öffentliche Meinung geprägt durch Diskurse: Auf dem Markplatz der Ideen fand ein fairer Wettstreit statt, es zählten Fakten, Wissen, Rationalität und am Ende das bessere Argument. Der philosophische Großintellektuelle sprach von einer „Diskursethik“ und die ganz wenigen, die sich nicht daran hielten, sie waren verbannt zu ihren Tischen und Stämmen. Wagten sie, die Gates und damit den Marktplatz zu stürmen, sie wurden gekeept von Journalist:innen, die sich immerhin mit dieser Sache gemein machten – nicht jedem Wahnsinn Tür und Tor zu öffnen. Dieses Land, tja, wie hat es wohl geheißen? Elysium, Garten Eden, Nirwana oder Moksha? Die Bundesrepublik Deutschland war es sicher nicht. Wie könnten derart aufgeklärte Bürger:innen – reeducated durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – innerhalb nur kürzester Zeit der vielköpfigen Hydra des Internets verfallen und in dessen Echokammern von Empfänger:innen zu Sender:innen werden?

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