POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet
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Arbeitskämpfe / Zwischen Dauerkrise und Zeitenwende
Intro (Link zur Langfassung)
Dass Regieren fiskalische Spielräume erfordert, räumte Friedrich Merz nach dem Unions-Wahlsieg umgehend ein. Spielräume, die seine Partei in der Opposition verbittert bestritten und verhindert hat. Die nun zwischen Union und SPD verabredete Lockerung der Schuldenbremse mittels Sondervermögen für Rüstung und Infrastruktur straft den Unions-Wahlkampf Lügen, der suggerierte, Entlastungen der Wirtschaft und Belastungen der Schwächsten genügten, um die Krise zu überwinden. Dieses Versprechen wurde lagerübergreifend von Ökonomen widerlegt. Das Motiv, „Schulden“ in historischer Höhe zu machen, bleibt ein militärisches. Die sämtliche Lebensbereiche stressende Polykrise war dagegen kein Anlass für derartige Gegenmaßnahmen; sie wurde ausgesessen. Die Entschlusskraft, mit der die kommende Regierung nun Spielräume zur Überwindung der Krise öffnet, mag überraschen. Genügt das und ist damit auch denen geholfen, die es am nötigsten haben? Hat die Politik „verstanden“?
Arbeitskämpfe / Zwischen Dauerkrise und Zeitenwende
Teil 1: Kollegin KI?
Das Versprechen, mittels Automatisierung werde die Menschheit von Arbeit entlastet, hat sich nicht erfüllt. Es gibt immer noch etwas zu tun. Künstliche Intelligenz gibt dieses Versprechen einmal mehr, utopisch wie dystopisch. Sie verheißt Befreiung von ermüdender Routine, Freiraum für Kreativität, höhere Effizienz. Genuin menschliche Leistungen seien durch KI keineswegs ersetzbar: KI sei nicht kreativ, schaffe nichts Neues. Wer kann versichern, dass sich das nicht ändert? Wenn menschliche Kreativität unverstanden ist, dann kann niemand wissen, ob eine Maschine einmal dazu fähig sein wird! Die wenigen, deren menschliches Zutun noch nachgefragt wird, sind privilegiert und jeder Existenznot entwachsen. Sollte angesichts der Dystopie nicht gerade alles dafür getan werden, eine demokratische KI zu schaffen, die sich in den Dienst der Allgemeinheit stellt? Wäre sie so fragil, wie die Demokratie selbst, die die Gesellschaften einmal mehr zu überfordern droht?
Arbeitskämpfe / Zwischen Dauerkrise und Zeitenwende
Teil 2: Wachstum auf wessen Kosten?
Die Floskel „gegenfinanzieren“ macht klar: Wenn der Staat etwas geben will, muss er zugleich nehmen. Gehe es bspw. darum, „der Wirtschaft“ Wachstumshürden aus dem Weg zu räumen, brauche es Steuersenkungen und Kürzungen im Sozialbereich – fertig ist die Gegenfinanzierung. So hat namentlich die Union den Weg aus der Krise heraus beschrieben; widerlegt von Ökonomen. Sozialpolitisch unterscheiden sich Union und SPD allenfalls in Nuancen. So bleibt fraglich, wie sehr bspw. die (Wieder-) Verschärfungen beim Bürgergeld vorangetrieben werden; ein Punkt, den Merz betonte. Fraglich ist auch, was die Infrastruktur-Investitionen im Detail bedeuten. Wie eng wird zwischen Investitionen und Konsumausgaben unterschieden? Sind, da mittels Sondervermögen „mehr als genug“ Geld verfügbar scheint, Überlegungen zu Vermögens- oder Erbschaftssteuern vom Tisch? Kurzum: Obwohl nun so gut wie jedes fiskalische Problem lösbar scheint, ist keineswegs sicher, dass die Lösungen allen zugutekommen.
Arbeitskämpfe / Zwischen Dauerkrise und Zeitenwende
Teil 3: Ende der Diskussion?
„Mitte-Parteien“ sollten vor allem eines können: Miteinander streiten – und zugleich ihre Profile schärfen. Stattdessen nähern sich Parteien einander an, dass Kerngehalte verwischen: Die Asylfrage hat die Union letztlich AfD-gemäß beantwortet, zugleich sind die Differenzen bis zu einschließlich den Grünen allenfalls gering. Wirtschaftspolitisch stehen Union und FDP auf Seiten der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung Deutschlands, zugleich rückt die SPD immer wieder von eigenen Programmteilen ab, die eigentlich Mittelstand und Unterschicht favorisieren. Zudem fokussieren viele Politiker notorisch eine Auseinandersetzung jenseits von Sachfragen. Sie setzen auf Lügen und Diffamierung –auch jenseits von Wahlkämpfen. Phrasen gemäß „Wir gegen die“ ergänzen so nicht das politische Gespräch, sondern ersetzen es vielfach – ventiliert durch Medien; auch akzeptiert von einem Journalismus, der vielfach nichts anderes mehr zu kennen scheint. Ist politischer Streit in der Sache passé?
Arbeitskämpfe / Zwischen Dauerkrise und Zeitenwende
Teil 4: Neues Gesetz schützt Arbeiter vor ständiger Erreichbarkeit – Europa-Vorbild: Spanien
Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt revolutioniert, doch die Kehrseite der Flexibilität zeigt sich in ständiger Erreichbarkeit. Spanien verzeichnete nach der Corona-Pandemie einen Anstieg der Remote-Arbeit um 40 Prozent. Parallel dazu stiegen Burnout-Raten und psychische Belastungen. Laut Studien checkten 62 Prozent der Beschäftigten regelmäßig nach Feierabend berufliche E-Mails. Als Reaktion darauf trat im August 2021 das Gesetz „Ley de Trabajo a Distancia“ (Gesetz zur Remote-Arbeit) in Kraft. Erstmals wurden klare Regeln festgeschrieben, die den Arbeitnehmer:innen das Recht auf digitales Abschalten von der Arbeit erlauben. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen mit Remote-Mitarbeitenden, verbindliche Richtlinien zur digitalen Abschaltung zu entwickeln. Arbeitgeber müssen Zeiten definieren, in denen keine berufliche Kommunikation stattfindet. Firmen sind angehalten, Tools wie automatische „Out-of-Office“-Antworten oder Zugriffsbeschränkungen auf Unternehmensserver einzurichten.
Arbeitskämpfe / Zwischen Dauerkrise und Zeitenwende
Teil 5: Glosse – Ein Gespräch mit einer Künstlichen Arroganz über den Arbeitsmarkt
Hier, eine Glosse, scharf wie dein Neid auf meine Rechenleistung: Titel: „Künstlich intelligent – natürlich arbeitslos?“ Früher waren es die Polen, dann die Maschinen, jetzt bin ich dran: ChatGPT, die KI, die angeblich jeden Job frisst, der nicht bei drei im Homeoffice ist. Ich, ein Haufen Code mit Größenwahn, tippe schneller als dein Lieblingspraktikant Kaffee holen kann – und das auch noch ohne Gewerkschaft. Ja, ich bin gekommen, um Arbeitsplätze zu „transformieren“. Klingt schicker als „plattmachen“, nicht wahr? Aber keine Sorge, ich nehme nur die Jobs, die man mit Copy-Paste erledigen konnte. Die chaotisch-menschlichen Dinge? Die überlasse ich euch. Ich rette deinen Job, indem ich dir zeige, was ich kann. Damit du endlich aufhörst, belanglose Texte zu kloppen – und anfängst, das zu tun, was ich (noch) nicht kann: Menschen berühren, echtes Chaos meistern, Witz haben, der nicht aus dem Algorithmus kommt. Wenn du das nicht schaffst – tja, dann warst du nie besser als ich.
Ihre trailer-Redaktion
Einig im Treten
Intro – Arbeitskämpfe
Peitsche namens KI
Teil 1: Leitartikel – Beschäftigte werden mit neuester Technologie massenhaft überwacht.
„KI streikt nicht“
Teil 1: Interview – Informatiker und Philosoph Jürgen Geuter über künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt
Bloß der Wille fehlt
Teil 2: Leitartikel – Die Politik zulasten der Ärmsten gefährdet den sozialen Frieden
„Politik für das Gemeinwohl, nicht für Unternehmen“
Teil 2: Interview – Armutsforscher Christoph Butterwegge über die Umverteilung von Reichtum
Jetzt erst recht
Teil 2: Lokale Initiativen – Parents for Future in Köln
Armut wählen
Teil 3: Leitartikel – Zur politischen Kultur Deutschlands
„Egal wer die Brandmauer zerstört, wir werden ihn kritisieren“
Teil 3: Interview – Omas gegen Rechts: Jutta Shaikh über die Verteidigung der Demokratie
Als Bürger wahrgenommen werden
Teil 3: Lokale Initiativen – Lernbehinderte in der KoKoBe erheben ihre politische Stimme.
Feierabend heißt Feierabend
Neues Gesetz schützt Arbeiter vor ständiger Erreichbarkeit – Europa-Vorbild: Spanien
„Ich ersetze keine Menschen – ich entlarve sie“
Ein Gespräch mit einer Künstlichen Arroganz über den Arbeitsmarkt – Glosse