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POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet

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Composing: Robert Michalak
 

Kopf oder Bauch?/Zwischen Fakt und Gefühl
Intro (Link zur Langfassung)

Gute Zeiten für harte Entscheider. Ausgerechnet Politiker, die für Rücksichtslosigkeit stehen, haben rund um den Globus Aufwind; vielfach beklatscht von Wählerschaften, auf deren eigene Kosten jene harten Entscheidungen getroffen werden. Dabei weiß jedes Kind, dass weitreichende Entscheidungen der Umsicht bedürften, der Abstimmung und des Kompromisses – in der großen Politik wie im kleinen Alltag. Wie Ratio/Überlegung und Gefühl/Intuition zur Entscheidungsfindung beitragen, ist nicht trivial. Es gibt hier harmlose Missverständnisse (Kopf- vs Bauchmensch …), festgefahrene Klischees (Mann vs Frau), Einfallstore für schwerste Manipulation (Populismus) oder schweres gesundheitliches Leiden (Depression …). Eine schlechte Fehlerkultur spielt ebenso eine Rolle wie mangelndes Verantwortungsgefühl, eine diversifizierte Medien- und Konsumlandschaft, oder Wandel in Gesellschaft und Arbeitswelt. Wie steht es um „Kopf und Bauch“ im Privaten und im Öffentlichen?

Kopf oder Bauch?/Zwischen Fakt und Gefühl
Teil 1: Im Politischen

Politikwissenschaftlich ist Populismus ein Konzept, das die Souveränität eines Volkes betont, Opposition zu einer Elite, Ablehnung staatlicher Institutionen und den Glauben an eine charismatische Führung. Populistische Rhetorik ist überemotionalisiert und faktenresistent. Es ist aber selbstverständlich, dass Politik nicht einfach im Aufzeigen zwingender Argumente überzeugt. Das Ansprechen von Gefühlen und Erwartungen des Volks gehört zum Handwerk. Wie kann Politik seriös kommunizieren? Wo sind Zugeständnisse an populäre Überzeugungen, Sprachbilder oder Gesten angemessen? Wie sollte Politik Kopf und Bauch bedienen? Sollte den Rechten eher analog mit Unsachlichkeit begegnet werden oder dürfte das Festhalten an argumentativen und demokratischen Standards besser Chancen haben? Welches Vorgehen ist Politikern zu raten, die Rechtsruck und der Gefährdung der Institutionen etwas entgegensetzen wollen? Wie können berechtigte Gefühle, dass „das System“ nicht das Wohl der Mehrheit im Sinn hat, adressiert werden? Lenkt der Fokus auf rhetorische und personelle Strategien von Politik ab?

Kopf oder Bauch?/Zwischen Fakt und Gefühl
Teil 2: Im Gehirn

Menschen können unter Entscheidungsschwäche schwer leiden – sie kann krankhafte Züge annehmen oder Symptom einer Krankheit oder psychischen Störung sein. Für einen depressiven Menschen bspw. kann es schier unmöglich sein, die Auswirkungen einer Entscheidung abzuschätzen und sich an diesem oder jenem mutmaßlichen Ergebnis zu orientieren. Versteht man besser, was es bedeutet, eine Entscheidung zu treffen, könnte das auch helfen, entsprechende Krankheiten besser zu verstehen, die sich auf jene Fähigkeit auswirken. Experimente, die beteiligte Hirnareale bzw. Neuronenaktivität messen, simulieren Entscheiden unter Ungewissheit oder untersuchen die Rolle von Aufmerksamkeit, Aufwand, Belohung und Erfahrung. Ist die Behandlung von Traumata durch neue bildgebende Verfahren bereits vorangekommen? Sind die Ansätze massentauglich oder eher privilegiert? Besteht eine Konkurrenz zu anderen Therapieansätzen? Was ist dringender: Psychosoziale Betreuung ausbauen oder bildgebende Forschung fördern?

Kopf oder Bauch?/Zwischen Fakt und Gefühl
Teil 3: Im Alltag

Entscheidungen erfolgen ständig, nebenbei und unbemerkt. Das fällt vor allem dann auf, wenn eine Entscheidung schwer fällt oder weitreichende Folgen hat. Daran binden sich Geschlechterklischees: Männer entscheiden eher mit dem Kopf, Frauen mit dem Bauch. Das formt auch Gesellschaften mit: Entscheidungsstärke gilt als männlich, eine männliche Übermacht in Führungspositionen als entsprechend „natürlich“. Nicht auszudenken, die knallharte Managerentscheidung scheiterte wegen „intuitivem Zweifel“ oder Schuldgefühlen. Psychologen erklären dagegen, dass der Anteil von „Kopf und Bauch“ bei Entscheidungen maßgeblich von Wissen und Erfahrung abhängt: Kennt man sich in der Sache aus, darf die Intuition die Führung übernehmen. Bewegt man sich im Unbekannten, gilt es erst einmal, Fakten und Kriterien aufzutun und abzuwägen. Auch Kleinigkeiten können zur „existenziellen Entscheidung“ werden – gefördert durch ein ständig wachsendes Konsumangebot. Was tun, wenn man mit Entscheidungen überfordert ist, wenn das fortgesetzte Aufschieben immer mehr Kraft verbraucht und Krisen schafft?

Kopf oder Bauch?/Zwischen Fakt und Gefühl
Teil 4: Wie Belgien den Populismus mit Bürgerräten und Dialogforen kontert. – Europa-Vorbild: Belgien

Auf Bundesebene hat Belgien 2023 als erstes Land weltweit sein Parlament formal ermächtigt, Bürgergremien und nationale Bürgerräte einzuberufen – eine Antwort auf Vertrauensverlust und politische Polarisierung. Belgien hat in den letzten Jahren eine europaweit beachtete Infrastruktur für deliberative Demokratie aufgebaut. Kern des Ansatzes ist die Losdemokratie: Teilnehmende werden mehrstufig zufällig ausgewählt, wodurch soziale Vielfalt und Sprachgruppen abgebildet werden. Ähnlich in der Wallonie: Dort können ebenfalls auf Initiative von Parlament oder Bevölkerung geloste Einwohner gemeinsam mit Abgeordneten Empfehlungen entwickeln. Entscheidend ist die Kopplung der deliberativen Prozesse an politische Rechenschaft. Im politikwissenschaftlichen Kontext adressiert das belgische Modell zentrale Spannungen moderner Kommunikation. Wie kann seriöse politische Kommunikation nun Kopf und Bauch bedienen? Durch ernst gemeinte Beteiligung mit praktischer Wirkung, durch verständliche Sprache und transparente Verfahren und durch Ritualisierung des Dialogs.

Kopf oder Bauch?/Zwischen Fakt und Gefühl
Teil 5: Glosse – Eine interaktive Mission durch die Küchentischpsychologie

„Oh nein, wir haben keine Marmelade!“ Sie zucken mit den Schultern. „Ja, wir wollten doch morgen zusammen frühstücken“, sagt Ihre Partnerin. (Oder Ihr Partner. Diese Geschichte ist eh fiktional. Da brauchen Sie schon etwas Fantasie. Das kriegen Sie schon hin, selbst wenn Sie weder Partner noch -in haben.) „Na und?“, entgegnen Sie. „Mett ist auf jeden Fall noch da, Käse auch. Ich brauche keine Marmelade.“ „Aber ich!“, sagt Ihre Partner in einem Tonfall, der sich dem eines quengeligen Kindes annähert. „Du isst doch nie Marmelade zum Frühstück.“ „Aber morgen will ich welche!“ Jetzt fehlt nur noch, dass sie die Backen aufbläst und mit dem Fuß stampft. „Geh doch bitte noch einmal los und hol welche.“ Sie schauen an sich herab. Schlabbershirt und Jogginghose. Eigentlich wollten Sie an diesem Freitagabend nirgendwo mehr hin außer vom Sofa zum Klo und zurück. Wie entscheiden Sie sich? Beißen Sie in den sauren Apfel und raffen sich auf, noch einmal einkaufen zu fahren? Oder versuchen Sie, Ihre Partnerin davon zu überzeugen, dass morgen ein herzhaftes Frühstück – wie immer – auch lecker ist?

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