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Kirstin Hess
Foto (Ausschnitt): Thomas Rabsch

„Da werden auch die großen Fragen der Welt gestellt“

28. Mai 2025

Kirstin Hess vom Jungen Schauspiel Düsseldorf über das 41. Westwind Festival – Premiere 06/25

In Zusammenarbeit mit dem Forum Freies Theater und dem Tanzhaus NRW richtet das Junge Schauspiel Düsseldorf das diesjährige Theatertreffen für junges Publikum in NRW aus.

trailer: Frau Hess, zehn herausragende Inszenierungen aus NRW streiten beim Westwind Festival um ein Preisgeld von 10.000 Euro. Das kann aber nicht der tiefere Sinn des Festivals sein, oder?

Kirstin Hess: Nee. Das Westwind Festival gibt es ja schon seit 1985. Erste Ausgabe damals im Düsseldorfer Kinder- und Jugendtheater, es ist immer noch ein Festival der Sparten der Theaterhäuser und Landesbühnen in NRW. Unser vitaler Arbeitskreis der Szene junges Publikum ist freundschaftlich verbunden, beim Kinder- und Jugendtheater gibt es ja in der Arbeit keine Konkurrenz, wir arbeiten über die Strukturen hinweg. Zusammen hält uns unser Publikum, und was auch noch bemerkenswert ist: Von allen deutschen Kinder- und Jugendtheater-Machern sitzt ein Fünftel in NRW. Umso dramatischer natürlich die aktuellen Einschneidungen in die freie Szene.

„DemoCrisis“ vom Treibkraft.Theater aus Hamm behandelt auch die politischen Probleme in Europa. Geht das nur noch mit interaktivem Theater?

Das geht sehr gut im direkten Live-Begegnungsraum, den die Theater ja kreieren können und in dem man auch etwas vom Publikum aus bewegt. Aber das geht genauso gut in einem „Theatre-Game“ vom Treibkraft.Theater aus Hamm. Und das hat die Jury auch bemerkt, dass viele Bewerbungen, die in diesem Jahr eingereicht wurden, sich mit der Gesellschaft an sich beschäftigen und den brennenden, ungelösten Fragen, wo Erwachsene auch noch keine guten Antworten haben, also versuchen wir es mal mit den Jugendlichen.

Herbert Grönemeyer wollte einst Kinder an die Macht bringen, „Ich will das so!“ vom Jungen Theater Münster scheint das auch so zu sehen, oder?

Ja, und ganz wichtig ist, dass sie das nicht alleine tun, sondern zusammen mit der freien Gruppe Leute wie die, die schon ganz lange mit tauben Performerinnen arbeiten. Das freut uns ganz besonders, denn so schaffen wir mit der Laut- und Gebärdenspracheim Festival durch auch einen Zugang für taube Menschen, die so das Stück genießen können. Aber das schreiben wir im Festival sowieso sehr groß, alle Stücke im Wettbewerb werden live von Gebärden-Dolmetschern begleitet. Das Stück „Ich will das so“ hat auch ein ganz tolles Buch als Vorlage, wo es um Fragen von Kindern geht, gar nicht so in kurzen Statements wie bei Grönemeyers Titel, sondern in der Verhandlungsfrage: Welche Regeln haben Erwachsene vorgesehen und wie viel Sinn machen sie aus kindlicher Sicht? Das heißt ja nicht immer, dass sie abgeschafft werden, aber Kinder wollen einbezogen werden. 

Das pendelt dann zwischen möglicher Einsicht, aber nötiger Kontrolle?

Genau.

Unterscheiden sich international die Ansätze bei Kinder- und Jugendtheaterstücken?

Das ist ganz unterschiedlich und kaum vergleichbar. Wir reden hier über Theater aus verschiedensten Kontinenten. Was aber interessant ist und was sie vielleicht zusammen hält, ist, dass auch da die großen Fragen der Welt gestellt werden, wie leben wir zusammen und wie möchten wir zusammenleben. Da haben wir aus Koreavon Letitledas non-verbale Stück „Purpose“, das mit sportlichen Mitteln aus dem Parcours-Lauf, Street Art und dem urbanen Tanz vor Ort im öffentlichen Raum konzipiert wird. Die zeigen das auf dem Platz vor dem Central, dem neuen Spielort des Jungen Theaters Düsseldorf. Mitten in der Stadt, in der Drogenszene am Bahnhof wird also ein ganz poetisches urbanes Tanzstück gezeigt, dass davon handelt, wie wir im Alltag uns an genau solchen Knotenpunkten ständig begegnen und auch gar nicht begegnen, weil jeder nur in sein Handy schaut, an sich denkt und schnell einen Transit durch den Ort sucht. Das ist eine ganz tolle Inszenierung geworden. Ganz anders ist beispielsweise „Der bleiche Baron“ aus Belgien, wo für Kinder aufbereitet wird, wie schnell man Dinge mitmacht, die dann doch ganz leicht in autokratischen oder gar diktatorischen Situationen enden. Dafür werden dann von Kopergietery & KGbe. Kinder und Erwachsenen ganz spielerisch mit einbezogen. 

Was sind die Kriterien für die zehn herausragenden Inszenierungen aus NRW?

Das Westwind Festival ist das Kinder- und Jugendtheaterfestival in NRW, es können sich also ausschließlich nur Gruppen aus dem Bundesland bewerben und jedes Theater, egal ob es ein großes Haus mit einer Sparte ist oder eine freie Gruppe, alle können sich nur mit einer Inszenierung bewerben. Die Jury, die jedes Jahr aus einer anderen Stadt kommt, bewertet das dann nach eigenen selbst aufgestellten Kriterien. Was aber immer wichtig ist – und das liegt sich sicher auch am Theater für Kinder und Jugendliche –, ist eben die Relevanz für ein junges Publikum selbst, was aber auch immer relevant ab einem gewissen Alter meint. Ein Stück ab vier oder fünf Jahren ist auch Theater für die begleitenden Erwachsenen und stellt Fragen, die beide Gruppen interessieren. Und es geht natürlich immer auch um Qualität.

Nur beim Stück „Bad Bugs“ vom Theater Marabu Bonn geht es um unsere Umwelt, das war einmal anders?

Ich glaube das ist immer noch anders. Es gibt bundesweit zahlreiche Stücke, die sich mit Umweltthemen befassen, es gibt aber natürlich auch viele andere Themen. Doch Inszenierungen über Nachhaltigkeit und Umwelt werden uns auch weiterhin beschäftigen.

Wie wichtig ist der Einfluss der digitalen Medien auf Kinder und Jugendliche, können die Bühnen ab einem gewissen Alter da mithalten?

Das ist eine schöne Frage, was heißt eigentlich mithalten? Und das fragen sich sicher auch die Kinder- und Jugendtheatermacher.innen, die sich permanent in einem Prozess befinden, wie auch die im Abendspielplan wahrscheinlich. Was bedeutet diese neue Welt und besonders die künstliche Intelligenz für die Theater? Heute zeigt beispielsweise eine Suchmaschine mit KI oft nur noch eine Antwort, wo sie früher viele verschiedene angezeigt hat, und was macht das mit Kindern und Jugendlichen genauso wie mit Erwachsenen in einer Gesellschaft, das spüren wir auch im Diskurs. Es braucht also diesen direkten Raum für gesellschaftliche Themen, viele wollen ja auch gar nicht mehr streiten, verstummen im Konfliktfall, und das versucht Theater zu verändern im analogen Live-Jetzt-Moment, und ich glaube da gibt es keine Konkurrenz von einem digitalen Medium. 

41. Westwind Festival | 31.5. - 6.6. | div. Orte in Düsseldorf, u.a. Junges Schauspiel | 0211 852 37 10

Interview: Peter Ortmann

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