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„M/others“ (2019)
Foto: Ference Salamon

Jenseits des männlichen Blicks

22. April 2025

„Mother&Daughters“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 04/25

Es braucht Zeit, sich vom „male gaze“ (übers.: männlicher Blick) zu befreien. Der Begriff stammt aus der Filmtheorie und beschreibt die Darstellung von Frauen aus einer maskulinen, patriarchalen Sicht. Längst hat er feministische Sachliteratur verlassen und ist zum Inhalt zeitgenössischer Bühnenchoreografien geworden.

Um den Umgang mit dem „male gaze“ geht es u.a. auch in Eszter Salamons Deutschlandpremiere „Mother & Daughters“ auf PACT Zollverein, hier anhand des Verhältnisses von Mutter und Tochter. Das stellt einen roten Faden in Salamons Werk dar, der bis zu ihren ersten Arbeiten zurück reicht. Deren Ziel: die Dekonstruktionen eben jenes männlichen Blicks, der naturgegeben erscheint, aber erst durch Gewohnheiten, durch alltägliche Performances eingeübt wird.

Wie lassen sich weibliche Körper anders darstellen? Und wie lassen sich die bisherigen Sichtweisen auf Gender bzw. Geschlecht verlernen? Darum drehte z.B. die Solo-Arbeit „Melodrama“ (2012), ein Selbstporträt vor dem Hintergrund dieser ideologischen Verstrickungen. Bereits zuvor entschied sich Salamon dafür, ihre Choreografien um Stimme und Erzählung zu erweitern. Anstelle eines stummen Tanzes ging es ebenso um weibliche Biografien.

Das gilt auch für „M/others“ (2019), in der sich die Tänzerin und Performerin zuletzt dem Verhältnis zu ihrer Mutter widmete. Das Tanzstück handelte von weiblicher Subjektivität und Ahnenforschung zugleich. So eröffnete Salamon mit ihrer Mutter Gyarmati Erzsébet, die neben ihrem Beruf als Lehrerin auch in der Vermittlung von Tanz tätig war, einen choreografischen zwischenmenschlichen Raum.

Daran knüpft nun „Mother & Daughters“ an. Unterstützt von Sulekha Ali Omar, Safia Abdi Haase, Christine Nypan und Drude Haga (Choreografie und Performance) geht es um die Artikulation von Empathie und Intimität, aber auch um Fürsorge in einer Mutter-Tochter-Beziehung. Gerade Fragen nach den gesellschaftlichen Erwartungen an dieses familiäre Verhältnis wollen Salamon und Co. in der rund zweistündigen Produktion eine entschleunigte Aufmerksamkeit schenken. Es braucht eben Zeit für einen anderen Blick.

Mother & Daughters | 25., 26.4. je 20 Uhr | PACT Zollverein, Essen | www.pact-zollverein.de

Benjamin Trilling

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