Es war ein Medienereignis, als im Jahr 1968 Rudi Dutschke und Ralf Dahrendorf auf dem Podium saßen. Beide diskutierten miteinander, obwohl ihre Weltbilder meilenweit auseinanderlagen: auf der einen Seite der SDS-Revoluzzer, der zu antiimperialistischer Rhetorik ausholte; auf der anderen Seite der liberale Soziologe, der sich zum einflussreichen Theoretiker in der – damals noch – sozialliberal ambitionierten FDP mauserte. Dahrendorf sprach später von „unbequemen Diskussionen“. Heute scheint es schwer vorstellbar, dass z.B. Klimaaktivistin:innen mit den „Petromaskulinisten“ (Cara New Daggett) der FDP eine lebendige und vorbildliche Streitkultur vorleben.
Gegenwärtig erscheinen die diskursiven Fronten verhärtet. Konfrontation, Polarisierung und Aufmerksamkeitsökonomie sind die Symptome einer Krise der Diskussionskultur. Mit diesem toxischen Klima aus Diffamierung, Moralisierung und Verspottung befassen sich ab September Expert:innen aus unterschiedlichen Bereichen in einer Veranstaltungsreihe im Ringlokschuppen Ruhr. Unter dem Titel „Produktives Streiten - Auswege aus einer defizitären Debattenkultur?“ geht es an drei bisher feststehenden Abend darum, wie sich wieder eine lebendige Streitkultur etablieren lässt.
Bei der von Diversitätsmanagerin Ella Steinmann moderierten Auftaktveranstaltung sind Felix Urban und Adriano Mannino zu Gast. Zu den Diskutanten: Urban, studierter Philosoph und Gymnasiallehrer, bezeichnet sich selbst als Eklektiker. Daher bemüht er sich um einen interdisziplinären Zugang zum Weltverstehen und einen konstruktiven sowie sachlichen Austausch als zwei Garanten für eine offene Gesellschaft. Adriano Mannino ist Philosoph, Sozialunternehmer und Direktor des Solon Center for Policy Innovation der Parmenides Stiftung. Am Lehrstuhl des renommierten Philosophen Julian Nida-Rümelin an der Universität München forscht Mannino über Ethik, Politik und Entscheidungstheorie.
Um eines der größten Minenfelder der aktuellen Debattenkultur dreht sich darüber hinaus die zweite Veranstaltung der Reihe: Identitätspolitik und kulturelle Aneignung. Darüber sprechen am 6. Oktober der Musikjournalist und Autor Jens Balzer, der zuletzt den Band „Ethik der Appropriation“ publizierte und die Autorin des Erfolgsromans „Identitti“ Mithu Sanyal.
Produktives Streiten | Do 14.9. 20 Uhr | Ringlokschuppen Ruhr | www.ringlokschuppen.ruhr
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