Problemzone Essen-Katernberg. Oder doch ein Stadtteil im Norden der ehemaligen Kulturhauptstadt fürs Ruhrgebiet, wo Milch und Honig fließen, wo wegen dem Weltkulturerbe Zollverein sogar auswärtige Autokennzeichen zu sehen sind? Jetzt werden über 50 Akteure aus dem Gebiet sogar Teil einer Theaterproduktion: „Dorthin wo Milch und Honig fließen – Fluchtspuren verfolgen“. Also doch Kulturgut. Theater draußen, Theater zu Fuß. Laufen, hören, sehen und stauen auf vier Routen. Start und Endpunkt für alle Routen ist der „Bergmannsdom“ am Katernberger Markt. Essener wissen, dass damit die unter Denkmalschutz stehende Backsteinkirche gemeint ist. Von dort geht es in alle Himmelsrichtungen. Weiter in den Norden bis zur Fatih Moschee und vorbei an Koloniehäusern, im Osten zu einer Kita, im Süden zur Ayasofya-Moschee in den Meybuschhof und im Westen zum Jugendamt. Ein Kompass ist für die zwei Stunden sicher hilfreich.
Alle vier Fluchtgeschichten sind sehr unterschiedlich. Sie erzählen von der Innenarchitektin Halima. Die ist in Syrien geboren, war dort politisch aktiv und wurde mehrfach inhaftiert. Da lernt der Besucher den Musiker Samikennen. Er ist aus dem Irak geflohen und landete in einem Dorf bei Trier. Der 15-jährige Burhan kommt dagegen aus Afghanistan. Seine Flucht dauerte viele Monate und er war immer alleine unterwegs. Dieses Schicksal teilt die 27-jährige Rajana aus Somalia mit ihm fast ihr ganzes Leben. Schon seit ihrem 5. Lebensjahr ist sie Vollwaise. Jetzt sind alle endlich im Schlaraffenland Essen angekommen. Oder doch nicht?
Berührungsängste scheint es dennoch nicht zu geben. „Die Bereitschaft der Menschen hier, ihre Türen zu öffnen, ist enorm“, sagt Charlott Dahmen, die künstlerische Leiterin der Auftragsarbeit von der gemeinnützigen Organisation Engagement Global aus Düsseldorf. Für die Adaptionen ist intakt e.V. ein spartenübergreifender Kulturprojekteverein aus Köln verantwortlich. Vor der Premiere gibt’s noch die HörBar auf dem Katernberger Marktplatz, ein kleiner Teaser für alle Geschichten und die interessanten Orte.
„Dorthin wo Milch und Honig fließen – Fluchtspuren verfolgen“ | Do 22.9.(P) 17.30 Uhr, Sa 24.9. 12 Uhr, 28.-30.9. je 17.30 Uhr | Bergmannsdom Essen | 01806 57 00 70
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Der Kampf geht weiter
„8. März – Ein Minifestival“ am Theater Oberhausen – das Besondere 03/18
Wie viel Grün bleibt vom Grün?
Diskussionsrunde in Essen – das Besondere 01/18
Rote Ruhr
„Revolutionary Leftovers“ in Mülheim – das Besondere 01/18
Percussion für die Götter
Percussion Summit in Bochum – das Besondere 01/18
Blues mit einem Schuss Heroin
„E-Mex meets Jazz“ im Museum Folkwang – das Besondere 12/17
Unter der Kuppel ist es dunkel
Drei ??? im Bochumer Planetarium – das Besondere 11/17
Erweiterte Strahlkraft
Kunstmonat von fadbk und HBK in Essen – das Besondere 09/17
Lesen lassen
Das literarische Westfalen beim Festival hier! – das Besondere 08/17
Ein Tag Utopie
KulturTrasse 2017 in Wuppertal – das Besondere 08/17
Magische Musik ohne Manieren
Das Micro!Festival 2017 in Dortmund – das Besondere 08/17
Einmal über Wasser laufen
Die Skulptur Projekte 2017 in Münster – das Besondere 08/17
Reife Leistung
Ruhrtriennale: Masterclass-Projekte im Ringlokschuppen – das Besondere 08/17
„Eine Welt, die aus den Fugen ist“
Kulturamtsleiter Benjamin Reissenberger über das Festival Shakespeare Inside Out in Neuss – Premiere 07/25
Der verhüllte Picasso
„Lamentos“ am Opernhaus Dortmund – Tanz an der Ruhr 07/25
Von Shakespeare bis Biene Maja
Sommertheater in NRW – Prolog 06/25
Tanz als Protest
„Borda“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 06/25
„Das Publikum ist verjüngt und vielfältig“
Opernintendant Heribert Germeshausen zum Wagner-Kosmos in Dortmund – Interview 06/25
„Da werden auch die großen Fragen der Welt gestellt“
Kirstin Hess vom Jungen Schauspiel Düsseldorf über das 41. Westwind Festival – Premiere 06/25
Morgenröte hinter KI-Clouds
Das Impulse Festival 2025 in Mülheim, Köln und Düsseldorf – Prolog 05/25
Das Vermächtnis bewahren
Eröffnung des Bochumer Fritz Bauer Forums – Bühne 05/25
Rock mit Käfern, Spiel mit Reifen
41. Westwind Festival in Düsseldorf – Festival 05/25
Von und für Kinder
„Peter Pan“ am Theater Hagen – Prolog 05/25
„Der Zweifel als politische Waffe“
Intendant Olaf Kröck über die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Premiere 05/25
Entmännlichung und Entfremdung
Festival Tanz NRW 2025 in Essen und anderen Städten – Tanz an der Ruhr 05/25
Von innerer Ruhe bis Endzeitstimmung
Die 50. Mülheimer Theatertagen – Prolog 04/25