Westwind ist eines der renommiertesten Theaterfestivals für junges Publikum.Im Oberhausener Theater wird im Rahmenprogramm außer Konkurrenz auch eine Arbeit aus El Salvador zu sehen sein. Trailer sprach mit der Künstlerischen Leiterin Romi Domkowsky.
trailer: Frau Domkowsky, was haben Jugendliche von einer offenen Gesellschaft?
Romi Domkowsky: Entwicklungsräume. Ich würde eine offene Gesellschaft auch mit Zugänglichkeit und Barrierefreiheit übersetzen, durchaus auch im Sinne von Durchlässigkeit. Ich kann mich als junger Mensch anders entwickeln, wenn ich mehr Dinge kennenlerne und dadurch auch herausfinde, was mir liegt und was mir nicht liegt, was ich gut finde und was ich nicht gut finde, und wo meine Potenziale liegen. Ich glaube, dass viele Menschen ihre Potenziale gar nicht erschließen oder überhaupt entdecken können.
Wenn ich mir das Programm unter dem Motto anschaue, frage ich mich, was Kästners „Das doppelte Lottchen“ (20.6.) mit Horváths „Jugend ohne Gott“ (17.6.) zu tun hat.
Wir haben als Auswahljury keine Wahl unter dem Motto getroffen. Wir haben uns über 40 Inszenierungen angeschaut und uns über Kriterien, die zum Teil auch individuell waren, verständigt. Also was wollen wir als Kurator*innen auf keinen Fall zeigen, was wollen wir unbedingt zeigen. Dann haben wir darauf geachtet, die Bandbreite abzudecken, sowohl in der Alters-Rangevon einem Jahr bis 16 als auch in den ästhetischen Zugängen – aber die Inszenierungen „Das doppelte Lottchen“ und „Jugend ohne Gott“ arbeiten beide minimalistisch.
Und die junge Azime („Funny Girl“, 19.6.) steht im Festival für Frauenpower alleine da?
Nein. Für Frauenpower steht zum Beispiel auch die Elisa („Elisa und die Schwäne“, 21.6.). Obwohl bei „Elisa und die Schwäne“ am Ende der Prinz kommt, für den man sieben Jahre lang schweigt, damit man ihn bekommt. So geht nun mal das Märchen und die Regisseurin hat sich dafür entschieden. Bei „Der kleine schwarze Fisch“ (17.6.) weiß man gar nicht, was er für ein Geschlecht hat, aber ich finde die Entwicklung, die er macht, ist eine sehr emanzipierte, auch feministische, durchaus widerständig und sucht das Risiko zum Leben.
Wie notwendig sind die Altersangaben unter den Beschreibungen?
Wenn wir am Theater Oberhausen Theater für die Zweijährigen machen, machen wir das immer auch für die Erwachsenen. Wir schauen, dass wir in der Ästhetik auch eine Ebene haben, die Erwachsene anspricht, weil die Erwachsenen entscheiden, ob das zweijährige Kind hierher kommt oder nicht. Kein zweijähriges Kind sagt: „Lass uns mal ins Theater gehen.“ Die Altersangaben sind also ein wichtiger Hinweis, weil es schon Ästhetiken für Ein- oder Zweijährige, Vierjährige, Zehnjährige oder Sechszehnjährige gibt, die sich tatsächlich unterscheiden. Beim „Papierstück“ (16.6.) ist die Altersangabe eins bis 99. Das ist einfach so wunderwunderschön anzusehen – auch für Erwachsene.
Hat das zeitgenössische Digitale das Festival verändert?
In der aktuellen Auswahl finde ich nicht, dass wir da sehr digital ausgerichtet sind. Das Festival entwickelt sich in der Öffentlichkeit eher in Richtung Social Media. Da gibt es sicher eine Entwicklung, aber nicht anders als sie woanders auch stattfindet.
Zwei Produktionen kommen außer Konkurrenz sogar aus Mittelamerika. Wie ist es denn dazu gekommen?
Ich wollte sehr gerne mit der KinderKulturKarawane kooperieren, die es seit 20 Jahren in Hamburg gibt und Menschen, Kinder und Kulturgruppen einlädt, auch aus Mittelamerika oder Asien. Die kommen hierher und touren ungefähr drei Monate durch Deutschland und zeigen ihr Gastspiel. Da geht es um Perspektiven des Globalen Südens – die internationalen Gastspiele des Westwind Festival waren immer sehr von den Benelux-Staaten geprägt. Beim Thema offene Gesellschaft hatte ich ein großes Interesse daran, dass es einen wirklichen Austausch gibt und das Festival hier wirklich in der Stadt landet. Die Gruppen werden bei Gastfamilien übernachten und es wird künstlerische Kollaborationen zwischen den beiden Gruppen der KinderKulturKarawane und der Gruppe von Monika Gintersdorfer geben. Da findet dann was Eigenes und ein wirklicher Austausch statt und das hat ganz viel damit zu tun, das Festival in die Stadt zu holen. Das ist ein Kunstfestival, wir machen Kunst, gar nicht mal nur Theater. Bei „Wie schmeckt zuhause“ geht es um Food Design, weil wir ja auch die Volxküche hier haben.
35. Westwind Festival | 15. - 21.6. | Theater Oberhausen | www.westwind-festival.de
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