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Nina Steils
Foto (Ausschnitt): Bahar Kaygusuz / William Minke

„Totaler Kulturschock. Aber im positiven Sinn“

27. November 2025

Schauspielerin Nina Steils über „Amsterdam“ am Bochumer Schauspielhaus – Premiere 12/25

Im Stück der israelischen Autorin Maya Arad Yasur von 2018 bekommt eine schwangere israelisch-amerikanische Violinistin im gegenwärtigen Amsterdam eine alte Gasrechnung von 1944 über – mit Zinsen – 1.700 Euro.

trailer: Frau Steils, Sie sind noch recht neu in Bochum. Nun spielen Sie dort das Stück „Amsterdam“, das schon seit 2019 im Volkstheater München mit Ihnen erfolgreich lief. Die Süddeutsche Zeitung nannte es einen „tonnenschweren und doch so federleichten Abend“, der einem „seine schweren Themen in Häppchengröße unterjubelt“. Ist der Abend in den letzten Jahren noch schwerer oder leichter geworden?

Nina Steils: Manche Stellen sind vor dem Hintergrund des Weltgeschehens schon schwerer geworden, aber der Inszenierung gelingt es trotzdem, die Themen mit einer gewissen Leichtigkeit zu verhandeln. In Bochum wird es nun eine neue Besetzung geben, und ich bin sehr gespannt auf die anstehende Probenarbeit mit den neuen Kollegen. Wir haben dabei natürlich immer die Gegenwart vor Augen, und vielleicht werden auch ein paar Wörter angepasst. Ich vertraue dabei voll unserer Regisseurin Sapir Heller.

Herrscht mit ihr ein tieferes Vertrauensverhältnis als üblich zwischen Regisseurin und Schauspielerin?

(Überlegt) Ja, ich glaube, das kann man schon sagen. Sie ist sehr straight, gibt auf der Probe immer klare Antworten, lässt wenig Fragezeichen stehen.

Wie wurde der Abend in München aufgenommen?

In München lief das Stück in einem relativ kleinen Raum, mit nur knapp 100 Zuschauern – Wohnzimmeratmosphäre. Das Publikum war sehr nah am Geschehen, und es war fast immer ausverkauft, was wir gar nicht erwartet hatten. Der Abend wurde zu einem echten Erfolg, ich schätze, auch aufgrund seines schwarzen Humors. Jetzt haben wir mit den Bochumer Kammerspielen einen deutlich größeren Raum (etwa 400 Plätze, d. Red.), was natürlich erstmal Respekt abverlangt. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass Sapir Heller mit dieser Situation umzugehen weiß und auch in Bochum ein sehr besonderer Abend entsteht.

Sie stammen ursprünglich aus Bayern, haben dann in Salzburg studiert, dann sieben Jahre in München am Volkstheater gespielt. Ist das Ruhrgebiet nicht ein Kulturschock?

Total (lacht). Aber eher im positiven Sinn. Ich bin vom Schauspielhaus, aber auch von der Stadt sehr begeistert. Mein Wechsel nach Bochum hatte viel mit dem Wunsch zu tun, Erfahrungen zu sammeln. In München war das Team sehr jung, da war ich in manchen Produktionen fast die Älteste. Jetzt kann ich viel von den erfahrenen Spielern des Bochumer Ensembles lernen. Und mir wurde von den neuen Kollegen natürlich schon ganz viel Schönes in der Stadt gezeigt. Ich bin kürzlich einem Kickboxverein beigetreten, wo auch einige regelmäßig ins Theater gehen. Das Schauspielhaus ist ein echter Sammelpunkt für die Stadt, das gefällt mir sehr. Mein Vater hatte den Wechsel nach Bochum mit einer Situation im Profifußball verglichen. Da gibt es auch manchmal hochklassige Clubs in Städten, die nicht zu den ganz großen Metropolen zählen, und trotzdem will man unbedingt dort spielen. Mittlerweile waren meine Eltern aber zu Besuch hier und fanden es dann natürlich doch sehr schön.

Fällt etwas besonders auf?

Ich empfinde meine Bochumer Begegnungen im Vergleich zu München als eher „links“, wenn sich das so sagen lässt. Hinzu kommt, dass man erfreulicherweise sehr schnell in Kontakt zu anderen Menschen kommt. Wenn ich mal einen Weg nicht kenne, finden sich oft gleich mehrere, die einem helfen wollen.

Letztens nannte ein Theaterkritiker Sie in einer Rezension „eine Begabung“. Ist das für eine Anfang 30-Jährige mit sieben Jahren Erfahrung in einem Ensemble nicht eine leicht respektlose Zuschreibung? Trifft sie so etwas?

Wirklich? Das habe ich gar nicht wahrgenommen. Eigentlich freue ich mich bei Kritiken schon, wenn ich keinen auf den Deckel kriege. Jedenfalls scheint es ihm ja gefallen zu haben, dann ist es doch gut.

Sie spielen auch viel im Fernsehen, müssen wir Angst haben, Sie dahin zu verlieren?

Nein. Eindeutig bevorzuge ich das Live-Erlebnis im Theater, auch die Proben. Ich genieße es, lange in einer anderen Welt zu sein.

Amsterdam | 29.(P), 30.11., 4., 26.12. | Schauspielhaus Bochum, Kammerspiele | 0234 33 33 55 55.

Interview: Tom Thelen

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