Vor den großen Katastrophen, viele ältere Menschen werden sich noch erinnern können, gab es viele Möglichkeiten ins neue Jahr zu feiern. Viele Lichter machten die Nacht zum Tag, es wurden riesige Feuerwerke abgebrannt, die Theater schenkten am Abend nach der letzten Vorstellung Sekt und O-Saft aus und luden zum Hüpfen und Springen ein.
Heute ist alles anders. Massen-Feuerwerk ist zu Recht geächtet, wegen Mangel bleiben die Innenstädte dunkel, nur die hässlichen Turnbeutel-Karren (SUVs) werden immer größer – Ergebnis: für die Elektrifizierung kratzen Kinder das Kobalt aus der Erde und wegen des Monsterreifen-Abriebs ist Asthma im Ruhrgebiet bald wieder auf dem Vormarsch. Davon geht die Welt nicht unter (Zarah L.) und in Oberhausen spielt und singt das Schauspielhaus-Ensemble an dem Jahreswechsel-Samstag und beschwört: „Gute Hoffnung“ (31.12. 21 Uhr, Theater Oberhausen).
In Moers am Schlosstheater zeigen sie lieber die blutige Welt hinter dem Wahnsinn Normalität. Die Inszenierung von Damian Popp mit fliegenden Wurstwaren ist nix für Vegetarier. Den letzten Abend des Kriegsjahrs 2022 bestreiten dennoch die „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“ von Rosa von Praunheim (31.12. 18 Uhr, Schlosstheater Moers). Doch Ausnahmen bestätigen bekannterweise immer die Regeln.
Auch im Bochumer Schauspielhaus wird Silvester gesungen, aber die Zuschauer:innen tauchen in „Mit anderen Augen“ auf poetische Weise in die Welt der Blindheit ab. Ein szenisches Schatten-Hörstück, das in faszinierenden Grautönen, die Farben der Wahrnehmung feiert. Visuelle Highlights, die die Welt des Nicht-Sehens zumindest im Geiste erlauchten (31.12. 21 Uhr, Schauspielhaus Bochum).
Das wären nun drei Schauplätze für Theatergänger:innen an diesem Abend. Doch über die Ausnahme muss noch geschrieben werden. Denn wer in Bochum um 22.30 Uhr aus der dunklen Welt zurückkehrt, hat das Party-Ticket bereits in der Tasche. „Die große Silvesterparty“ im Foyer des Schauspielhauses startet nämlich unmittelbar nach dem langen Applaus für den furiosen Abend der erfahrbaren Blindheit. Mit DJ DJan, den viele Bochumer vielleicht noch von den Apollo Sounds im Planetarium kennen, wird dann abgefeiert und getanzt bis ins neue Jahr. Die gebeutelten Taxifahrer freuen sich schon: für sie ist das die „Heilige Nacht“ des Jahres. Hoffentlich.
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