Bertolt Brecht war nicht der Erste, der Macheath auf der Bühne die Ellbogen ausfahren ließ. Die Figur entstammt ursprünglich John Gays „The Beggar‘s Opera“ aus dem Jahr 1728, welche Brecht, Kurt Weill und Elizabeth Hauptmann für ihren Welthit „Die Dreigroschenoper“ (1928) adaptiert haben. Darin gerät der Ganove Macheath alias Mackie Messer in Schwierigkeiten mit der Bettelmafia, als er die Tochter ihres Anführers Jonathan Jeremiah Peachum heiratet. Der ist gegen diese Verbindung und beschließt, ihn für seine Vergehen anzuzeigen. Als Mackie jedoch der Polizei entkommt, stellt Peachums Frau Celia ihm eine Falle.
In den letzen Jahren wurde der Stoff – wohl aufgrund seines Alters und seiner Bekanntheit – häufig nostalgisch inszeniert. Die neue Produktion des Urban Arts Ensemble Ruhr unter der Regie von Neco Çelik verfolgt einen anderen Ansatz: „MC Messer“ will die Vorlage als „Hip Hop-Operette“, so der Untertitel, in die Gegenwart führen. Bereits Brecht und Hauptmann haben Gays Satire für ein modernes Großstadtpublikum aufbereitet. Die Themen aber sind gleich geblieben: Verarmung und Kriminalität, Konkurrenzkampf und Egoismus (auf den Punkt gebracht im Satz: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“)
In der „MC Messer“-Fassung von Neco Çelik, Matthias Faltz und Marc Becker erhalten die Peachums zwar Allerweltsnamen, sodass sie nun Herr und Frau Springmann heißen. Aber ihr Familienbetrieb verfügt über immer noch über Geld und Macht, mit denen sie nicht nur die Bettler auspressen, sondern sich auch gegen die Gangstertruppe von Mackie stemmen. Der muss sich hier als Migrant ohne Duldung und Arbeitserlaubnis durchschlagen.
Die größten Abweichungen von der „Dreigroschenoper“ wird es wohl bei einem ihrer wichtigsten Erfolgsfaktoren geben: Kurt Weills Musik mit Elementen aus Jazz-, Blues- und Jahrmarktsmusik, denen der Komponist einige Seitenhiebe auf die bürgerliche Oper hinzugefügt hat. In „MC Messer“ sind es Hiphop-Beats (Songwriting und Rap übernehmenBush.idaundShrimp Cake), die Mackies Geschichte begleiten.
MC Messer | R: Neco Çelik | 19., 26.4., 8.5., 28.6 je um 19.30 Uhr | Theater Oberhausen | 0208 857 81 84
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Tanzbein und Kriegsbeil
Filmdoku in Düsseldorf: Urban Dance in Kiew – Tanz an der Ruhr 12/25
Tanz schärft die Sinne
IP Tanz feiert 30. Geburtstag – Tanz in NRW 12/25
Wachsende Szene
Das 5. Festival Zeit für Zirkus startet in NRW – Tanz in NRW 11/25
Tanz der Randfiguren
„Der Glöckner von Notre-Dame“ in Essen – Tanz an der Ruhr 11/25
Tanz gegen Kolonialismus
„La Pola“ im Rautenstrauch-Joest-Museum – Tanz in NRW 10/25
Körper und Krieg
„F*cking Future“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 10/25
Wissen in Bewegung
Das Sachbuch „Die Philosophie des Tanzens“ – Tanz in NRW 09/25
Im Körper graben
„Every-body-knows…“ auf PACT Zollverein – Tanz an der Ruhr 08/25
Komme ich gut an?
„It‘s Me“ im Tanzmuseum des Deutschen Tanzarchivs Köln – Tanz in NRW 08/25
Chaos
NRW kürzt bei freien Tanzgruppen – Tanz in NRW 07/25
Der verhüllte Picasso
„Lamentos“ am Opernhaus Dortmund – Tanz an der Ruhr 07/25
Lustvolle Inspirationsquelle
Das Circus Dance Festival 2025 in Köln – Tanz in NRW 06/25
Praktisch plötzlich doof sein
Helge Schneider präsentiert seine neue Tour – Prolog 12/25
Der böse Schein
„Söhne“ in der Moerser Kapelle – Prolog 12/25
„Totaler Kulturschock. Aber im positiven Sinn“
Schauspielerin Nina Steils über „Amsterdam“ am Bochumer Schauspielhaus – Premiere 12/25
Verlorene Jahre
„The Drop“ am Jungen Schauspiel in Düsseldorf – Prolog 11/25
Kampf, Verlust und Liebe
Vorweihnachtliche Stücke für junges Publikum im Ruhrgebiet – Prolog 11/25
„Jede Inszenierung ist eine Positionierung“
Regisseur Kieran Joel über „Antichristie" am Schauspielhaus Dortmund – Premiere 11/25
Das selbsternannte Volk
„Die Nashörner“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Prolog 10/25
„Subjektive Wahrnehmung ist verboten“
Regisseurin Jette Steckel über „Das große Heft“ am Bochumer Schauspielhaus – Premiere 10/25
Foltern ohne Reue
„Törleß“ am Bochumer Rottstr 5 Theater – Prolog 10/25
Graf Fridol geht auf Nachtschicht
Musik-Improtheater beim Duisburg Fringe Festival – Festival 09/25