Viel Stickerei, Stoffe, das Innenleben von Waschmaschinen, gesehen durch deren Fensteröffnungen, mancherlei Glas. In der Ausstellung im Kunstmuseum in der Alten Post dreht sich alles um unseren Haushalt, die Gerätschaften und Dinge, die gepflegt werden müssen, und die Handlungen, die dazu vollzogen werden. Darum, wie die Hausfrau alles in Schuss hält und wann und ob es ihr über den Kopf wächst, sich verselbständigt und alles im Chaos endet. Darum ziert den Ausstellungstitel ein Fragezeichen: Entschieden ist noch nichts, vielleicht besteht ja doch kein Grund zur Verzweiflung. Also, es geht auch um „Mothers‘ little Helper“ – wie die auf Keilrahmen aufgezogenen Spültücher mit applizierten Topflappen von Astrid Bartels betitelt sind – und die Ordnung solcher Universalwaffen. Das alles schildern die Künstlerinnen anschaulich, direkt aus der Praxis. Sie wenden sich dem Einzelnen zu und haben meist auch das große Ganze im Blick.
An der Ausstellung „Desperate Housewives?“, deren einzige NRW-Station auf der Tour durch fünf Museen Mülheim an der Ruhr ist, sind 28 zeitgenössische Künstlerinnen beteiligt; sie decken das Spektrum der gängigen Medien ab. Malerei und Handzeichnung sind hier ebenso vertreten wie Fotografie und Filme. – Was in der Alten Post sofort deutlich wird: Der tagtägliche routinierte Haushalt ist als verbrachte Zeit, fast rituelle Struktur und soziokulturelle Identität nicht nur wesentlicher Teil unseres Lebens, sondern er ist – folglich – auch geläufiges, verbreitetes Themenfeld in der Kunst. Die Auswahl der Künstlerinnen konnte also nur subjektiv bleiben, wobei etliche von ihnen mit Hauptwerken vertreten sind. In Zeiten, in denen die thematische (Gruppen-)Ausstellung Konjunktur hat, trifft dies etwa auf die Beiträge von Anna Anders, Susanne Kutter oder Ulrike Rosenbach zu. Schön auch, dass mit der in Mülheim geborenen Dorothee Golz und der in Essen lebenden Astrid Bartels – die mit 80 Jahren auch die älteste Künstlerin ist – zwei Persönlichkeiten mit Bezug zur Region umfassender gewürdigt werden. Aber überhaupt ist dies ein angenehmer Aspekt der Schau, dass viele der Künstlerinnen an verschiedenen Stellen in den vier Räumen vertreten sind. Zudem vermittelt die Präsentation die Gleichzeitigkeit von Fülle und systematischer Klärung, eben wie im richtigen (häuslichen) Leben. Und über das Humorvolle – schon die Titel machen Spaß – und die Beschäftigung mit den einzelnen Positionen hinaus wird deutlich, wie sehr der Haushalt unser Leben und dessen Abläufe beeinflusst. Eher unterschwellig stellen sich gesellschaftliche und soziologische Fragen ein.
Freilich, viele Kunstwerke sehen so aus, wie man sie sich zu diesem Thema vorstellt. Nur wenige Werke nehmen eine gänzlich unerwartete Perspektive ein, sind richtig erstaunlich oder überhaupt so provozierend wie etwa das riesengroße scharfkantige Reibeisen von Mona Hatoum, das zugleich eine transparente Wand ist.
Erstaunlich wenig ist von Kindererziehung die Rede; die Spuren, die die Kinder im Haushalt hinterlassen, sucht man vergebens, aber vielleicht hätte das auch zu weit geführt. Paarbeziehungen sind in der Ausstellung die Ausnahme, die Männer bleiben als Mitwirkende im Haushalt unberücksichtigt. Die große Ausnahme ist die verschmitzte Rollenzuweisung in der Fotoserie der in Mexiko lebenden Maria Ezcurra: Die Schürze wird zum Allheilmittel, um den Ehemann nach allen Regeln des Klischees zu bedienen. Und das ist das größte Handicap dieser jedoch angenehm verständlichen Sommerausstellung: Die Künstler sind sämtlich Frauen, die nun also realistisch, übersteigert und pointiert aus ihrer Perspektive berichten. Aber die andere Sicht, die der Männer, lässt sich in Zeiten der Gleichberechtigung kaum ausblenden. Hier bleiben sie als „Desperate Housemen“ außen vor.
„Desperate Housewives? Künstlerinnen räumen auf“ | bis 21.9. | Kunstmuseum Mülheim | 0208 455 41 38
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