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Oskar Kokoschka, sechster Fächer für Alma Mahler, 1915, Wasserfarbe, Tusche, Tierhaut, Elfenbein, 21 x 40 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Eigentum der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen
© Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Geschichten einer Leidenschaft

12. Mai 2025

Oskar Kokoschka mit den Porträts von Alma Mahler in Essen – kunst & gut 05/25

Eines wird in dieser feinen, konzentrierten Ausstellung im Museum Folkwang schnell klar: Oskar Kokoschka war ein Porträtmaler von internationalem Rang und Alma Mahler war eine faszinierende, facettenreiche Persönlichkeit des frühen 20. Jahrhunderts. Sie war hochgebildet und Vertraute der größten Künstler ihrer Zeit, selbst eine wichtige Komponistin, mitfühlende Partnerin und Mäzenin. Sie war Gastgeberin in den Salons und trug mit dazu bei, dass Wien zu jener Zeit ein Zentrum der europäischen Kultur und Avantgarde war. Verheiratet war sie mit Gustav Mahler, Walter Gropius und Franz Werfel. Dazwischen, von 1912 bis 1915, hatte sie eine heftige Liebesbeziehung mit Oskar Kokoschka, die ebenso von Heiratsabsichten wie Distanznahmen geprägt war. Auch wenn sie für ihn Modell stand und mit ihren Porträts seinen stilistischen Wandel Mitte der 1910er Jahre einleitete, der Begriff „Muse“ trifft auf diese Obsession nicht zu, die von 400 Briefen allein von Kokoschka begleitet wurde. 

Kokoschka hatte Alma Mahler im April 1912 kennengelernt und ihr schon bald geschrieben: „Jetzt bin ich der glückliche junge Gott, der Riesenlasten tragen möchte, um sie lachend wegzuwerfen, wenn Du zu mir kommst, Einzige, Ewige.“ Großartig ist die Innigkeit seiner Porträts und Doppelporträts und symbolischen Darstellungen. Dazu gehören in Essen neben den Gemälden und graphischen Blättern eine Freskomalerei und bemalte Fächer, die er als „Liebes-Briefe in Bildsprache“ bezeichnet hat. Die Ausdrucksstärke der Darstellungen reflektiert Kokoschkas aktuellen Blick auf die Beziehung; zugleich hat jedes Bild seine eigene Geschichte. So verarbeitet das Gemälde „mit Putto und Kaninchen“ eine Fehlgeburt. Das frühe Bildnis, das Alma im direkten Gegenüber in die Tradition der italienischen Renaissance stellt und ursprünglich von Karl Ernst Osthaus erworben wurde, hat Alma Mahler ins Exil nach New York mitgenommen. Heute befindet es sich in der Sammlung des National Museum of Modern Art in Tokio. Besonders eindrucksvoll sind das gemeinsame Porträt, welches ihn präsent und kontrolliert und sie wie abwesend zeigt, und die „Frau in Blau“ (1919), die seinen pastos vorgetragenen Expressionismus einleitet. Ausgestellt sind auch Rekonstruktionen der lebensgroßen Stoffpuppe, die Kokoschka nach Ende der Beziehung anfertigen ließ. Sie diente ihm als Fetisch, aber auch Vorlage für seine Porträtmalerei; später muss er sie im Zorn zerstört haben.

Die Ausstellung ist Teil des Festivals „Doppelbildnisse. Alma Mahler-Werfel im Spiegel der Wiener Moderne“ an sechs Orten in Essen mit Konzerten und Vorträgen, in denen sie aus verschiedenen Perspektiven diskutiert wird. Sie ist hier aber sowieso am richtigen Ort. Sie greift weit in die Anfänge des Folkwang Museums zurück. Dessen Gründer Karl Ernst Osthaus hat Kokoschka bereits 1910 im Museum in Hagen ausgestellt: Das frühe Porträt von Alma Mahler kehrt nun erstmals wieder in den Folkwang-Kontext zurück. Und jetzt macht inmitten der Zwei-Raum-Präsentation der milde plätschernde Jugendstil-Brunnen von George Minne, der ein Pendant im Osthaus Museum Hagen besitzt, doppelt Sinn.

Frau in Blau. Oskar Kokoschka und Alma Mahler | bis 22.6. | Museum Folkwang Essen | 0201 884 50 00

Thomas Hirsch

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