Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
20 21 22 23 24 25 26
27 28 29 30 31 1 2

12.513 Beiträge zu
3.757 Filmen im Forum

Es zählt nur die Botschaft

04. Juli 2022

We want you! im Museum Folkwang – Kunstwandel 07/22

Das erste Plakat im 18. Jahrhundert hätte eigentlich „Plakate ankleben verboten“ heißen müssen, denn schnell merkte der Handel, welche Bedeutung Werbung für den Verkauf von Sinnigem und Unsinnigem hatte. Wildes kleben von bedruckten Zetteln an Häuserfronten und Bretterzäunen ist kein Produkt moderner Guerilla-Werbestrategien. Das Museum Folkwang in Essen zeigt jetzt im Rahmen ihres 100-jährigen Bestehens die zeitgeschichtlich umfangreichste Plakat-Schau in seiner Historie. Über 300 Exponate hängen klimatisiert und nach Zeit geordnet in der großartigen Ausstellung. Viele der Plakate hat der eine oder die andere Besucher:in sicher schon mal gesehen, an einige erinnern sie sich zusammen. „Wir haben den Scheiß geglaubt“. Zwei Frauen stehen vor den selbstbeweihräuchernden SED-Plakaten im Bereich der Neuzeit, die sie natürlich alle kennen.

Zurück zum Anfang. Was die Zeiten überlebt hat, von frühen Litfaßsäulen über Großplakat bis hin zu digitalen Rollmonstern, ist die gefährliche Zigarettenwerbung und der Versuch technische Errungenschaften an den Mann oder die Frau zu bringen. Das beginnt schon im Deutschen Reich mit Plakaten für den zuverlässigen Brennabor-Wagen (1912) oder den Manoli-Zigaretten (1911). Auch Persil wirbt schon damals drei Jahre lang mit weißen Erfolgen durch ein selbsttägiges Waschmittel (1912-14). Aber dann war es auch schnell vorbei mit der Unschuld der Plakate, die auch für Theater, Ausstellungen und Sportveranstaltungen geworben hatten und von denen einige wie Henri de Toulouse-Lautrecs Aristide Bruant-Farblithografie oder Alfons Maria Muchas Jugendstil-Theater-Ikonen bis heute als Poster in allen Größen leere Wände schmücken. Nach der Unschuld kam die politische Propaganda für ersten Weltkrieg, den zweiten und immer auch gegen anders Denkende auf der Welt. Ganz Europa rüstete schnell auf den matten Litho-Steinen auf.

Nach dem sinnlosen Töten schritt die Entwicklung des Plakats dann mit technischen Errungenschaften rasant voran. Kultur, Tourismus und der Einzelhandel blieben die Treiber. Digitale Medien erhöhten die Möglichkeit global, produzieren aber weltweit in den Metropolen mächtige Lichtverschmutzung mit ungeahnten Folgen. Das konnte das echte Bütten natürlich nicht.

We want you! | bis 28.8. | Museum Folkwang Essen | 0201 88 45 444

Peter Ortmann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

John Wick: Kapitel 4

Lesen Sie dazu auch:

Leben in der Gegenwart
Odonchimeg Davaadorj im Museum Folkwang in Essen

Der Realität auf der Spur
Daniela Comani im Museum Folkwang

Schütten statt Pinseln
Helen Frankenthaler im Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/23

Sie macht ihre Reisen im Internet
Thomas Seelig über Daniela Comani im Museum Folkwang – Sammlung 01/23

„Zugespitzt auf das eigene Haus und seine Geschichte“
Tobias Burg und Rebecca Herlemann über die Ausstellung „Expressionisten am Folkwang“ – Sammlung 07/22

Impressionistische Meisterwerke
„Renoir, Monet, Gauguin“ im Museum Folkwang – Ruhrkunst 03/22

„Man sollte sich wieder an ihn erinnern“
Tobias Burg über „Federico Fellini. Von der Zeichnung zum Film“ – Sammlung 11/21

Am Ort des Geschehens
Tobias Zielony im Museum Folkwang in Essen – Kunst in NRW 09/21

Flächendeckende Piktogramme
Keith Haring in Essener Museum Folkwang – Kunstwandel 11/20

„Nach wie vor ein riesiges Problem“
Museumsleiter René Grohnert über Plakate gegen AIDS – Sammlung 08/20

Einfache Dinge des Lebens
Fotografin Aenne Biermann im Museum Folkwang Essen – Ruhrkunst 05/20

Takt der Maschinen
„Der montierte Mensch“ im Museum Folkwang – kunst & gut 02/20

Kunst.

Hier erscheint die Aufforderung!