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Udo Lindenberg und Christine Vogt
Foto (Ausschnitt): Tine Acke

„Auch mal am Tresen entstanden“

07. Juli 2025

Leiterin Christine Vogt über die Ausstellung zu Udo Lindenberg in der Ludwiggalerie Oberhausen – Sammlung 07/25

Der Rockmusiker ist auch als Schriftsteller und bildender Künstler tätig. Vogt hat seine Malereien kunsthistorisch bearbeitet.

trailer: Frau Vogt, „Pimmelköppe“ mit schnellem Strich und leckeren Farben – ist Udo Lindenberg nicht doch mehr Grafiker denn Maler?

Christine Vogt: Na ja, ich würde sagen, er ist beides. Er ist auf jeden Fall Zeichner. Seine Werke leben immer von der Linie. Dann hat er mit den so genannten „Likörellen“ ein Alleinstellungsmerkmal gefunden, wo er mit Hochprozentigem Farben einbringt. Aber mittlerweile arbeitet er auch viel mit Acryl, und früher hat er auch Aquarelle gemacht. Das Flächige und das Bunte spielt beides eine Rolle. Und das macht ja die Malerei aus. Also ich würde sagen, er ist beides. 

Zu sehen sein werden auch „nackte Akte“ – Herr Lindenberg scheut offenbar nicht vor Tautologien zurück. Spielt die Sprache in der Ausstellung eine Rolle?

Die Sprache spielt bei Udo Lindenberg eine ganz zentrale Rolle. Wir haben uns darauf nicht kapriziert, weil wir ja eine große Kunstausstellung zeigen. Es ist das erste Mal, dass auch sein Frühwerk gezeigt wird. Ich habe herausgearbeitet, dass er nicht erst mit der Erscheinung der „Kosmos“-Platte 1995 anfängt zu zeichnen, auch wenn er erst seit dieser Platte beginnt, sich selbst als bildenden Künstler zu bezeichnen. Er hat immer schon gezeichnet, und das ist ein Schwerpunkt in unserer Ausstellung. Aber selbstverständlich gibt es immer mal wieder Textzitate und Liedzitate, wo die Sprache dann die Hauptrolle spielt.

Was ist im Schloss zu sehen?

Die Brost-Stiftung fördert uns sehr generös, und daher können wir zum ersten Mal das ganze Schloss bespielen. Im Haupthaus ist die Kunst, das ist der zentrale Kern dieser Ausstellung, als Kunsthistorikerinnen ist unsere Expertise ja eben das Bild. Im Kleinen Schloss wird Frank Bartsch als Co-Kurator die 40 Studioalben zeigen und damit diskografisch und biografisch das Leben von Udo Lindenberg nachzeichnen. Frank Bartsch gehört zum Archiv Udo Lindenberg und kennt sich allerbestens aus. Es wandern aber auch Bilder in das Standesamtfoyer, das ja hier in dem Komplex angesiedelt ist. Bei den Arbeiten gegen Rechte wird es auch einen kleinen Hinweis in der Gedenkhalle geben. Also Udo Lindenberg bespielt das ganze Schloss Oberhausen. 

Was zeigen die frühen Zeichnungen und Skizzen?

Das sind tatsächlich Sachen, die auch mal am Tresen entstanden sind. Lindenberg hat eben gerne überall da zeichnet, wo er gerade war. Das sind beispielsweise viele Zeichnungen auf Kellner-Blöckchen, und die haben sich nur deshalb erhalten, weil die im Nachlass von Udos FreundBaron Alfred von Meysenbug entdeckt wurden, denn der hat sie gesammelt. Da sind Zeichnungen, die ihn und Meysenbug, genannt Meise, zeigen, datiert 1979. Das ist genau der Moment von Udos „Dröhnland“-Geschichte, wo sie mit Peter Zadekund der „Dröhnland-Symphonie“(Album, d. Red.)unterwegs sind, also wirklich frühe Sachen. Ein anderer großer Schatz, der auch noch nie gezeigt wurde, ist das sogenannte Barbuch. Da hat er ein Buch im Atlantikhotel über zwei Jahre einfach vollgezeichnet, jede Seite mit irgendwelchen Skizzen und auch Notizen. Das ist sehr, sehr spannend. 

Kann man daran auch die Entwicklung des unkonventionellen Stils erkennen?

Genau. Das habe ich im Katalogtext herausgearbeitet. Das ist das erste Mal, das eine kunsthistorische Analyse seines bildnerischen Werks gemacht wurde. Da kann man eben sehen, wie er anfängt, wie sich die Nasenformen seiner Figuren verändern und auch Bildthemen und seiner besonderen Ikonografie, indem er sich selber als Figur immer mit einbringt. Man kann also genau nachvollziehen, wie er zu diesem sehr typischen und heute mit höchstem Wiedererkennungswert ausgestatteten Stil gekommen ist. 

Andrea Doria I, 2002 © Udo Lindenberg Archiv

Wird die musikalische Bio im Kleinen Schloss auch tatsächlich musikalisch oder ist das eine Ausstellung der Plattencover?

Nein, das wird natürlich musikalisch! Musik spielt ja da bei Udo Lindenberg die tragende Rolle 

Wie wichtig sind politische Aussagen in seinem Werk – oder in der Ausstellung?

Die spielen eine große Rolle. Gerade mit den „Pimmelköppen“ und seiner strikten Position gegen rechts und der Unterstützung von allem, was sich gegen rechte Gewalt wendet, wird das klar. Und dadurch, dass ja hier die Gedenkhallefür dieOpfer des Nationalsozialismus vor Ort ist und wir im Museum ohnehin in Richtung Erhalt von Demokratie arbeiten, wird das natürlich alles noch verstärkt.

Und sein Zyklus zu Goethes Hauptwerk Faust?

Der ist auch komplett da und wird sehr schön in einem Raum im Großen Schloss ausgebreitet. Ich denke, dass sich die Wirkung der Bilder in unseren Räumen wunderbar entfalten wird. 

Der Wahlhamburger ist nur 100 Kilometer von seinem Geburtsort Gronau entfernt, spielte das eine Rolle?

Nö. Meine Überlegung, mal eine Udo Lindenberg-Ausstellung zu machen, hat mit diesem besonderen Profil der Ludwiggalerie zu tun. Dass wir uns in der Galerie mit populären Bildformen, Comic, Karikatur usw. beschäftigen. Und da ist Udo Lindenberg jemand, der sich ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland erarbeitet hat, und deshalb war es mein Wunsch, dass wir diese Bilder zeigen. Mir war aber auch wichtig, dass tatsächlich mal kunsthistorisch auf seine populäre Malerei geguckt wird. Oft wird ja immer so ein bisschen gesagt, das wären bei Udo Lindenberg nur so ein paar bunte Männekes, die da rumspringen. Mit dieser Ausstellung soll das auch eine kunsthistorische Betrachtung bekommen – und das hat Udo dann letztlich überzeugt. Deshalb hat er auch zugesagt.

Also gibt es das angekündigte „Udo is coming home“ (übers.: Udo kommt nach Hause, d. Red.) gar nicht. Er wohnt ja schon sehr lange im Hamburger Hotel Atlantic, hat auch eine Wohnung am Potsdamer Platz in Berlin. Mit Ruhrgebiet ist da nicht viel.

Es war das Bedürfnis unserer Partner und Partnerinnen in NRW, das „Udo is coming home“ nochmal herauszustellen, und weil er ja in Duisburg am Konservatorium Trommeln studiert hat, kann man das auf jeden Fall so sagen. Beim ersten Gespräch mit Udo hat er mir das selbst erzählt, dass er dort gelernt, hat zu Vivaldi zu trommeln. 

In der Rostocker Kunsthalle gab es 2023 auch eine Ausstellung über Udo Lindenberg. Dort war es die besucherreichste Ausstellung aller Zeiten. Damit rechnen Sie auch, oder?

Ja, wir hoffen sehr darauf. Aber wir zeigen ja gerade Loriot, wo wir jetzt schon 60.000 Besuchende haben, also die Latte für Udo liegt hier hoch. 

Udo Lindenberg – Kometenhaft panisch | 29.7. bis März 2026 | Ludwig Galerie Schloss Oberhausen | 0208 412 49 28

Interview: Peter Ortmann

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