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Illustration von Winnie Gebhardt aus Otfried Preußler, Die kleine Hexe
© by Thienemann in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH, Stuttgart / VG Bild-Kunst, Bonn 2020

„Wir leisten hier echte Pionierarbeit“

25. Juli 2022

Christine Vogt über die Preußler-Ausstellung in Oberhausen – Sammlung 08/22

Die Ludwig Galerie im Schloss Oberhausen zeigt mit der Ausstellung„Räuber Hotzenplotz, Krabat und Die kleine Hexe – Otfried Preußler – Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler“ auch die Zeichner:innen, die sich mit ihrenmarkanten Illustrationen in das kollektive Gedächtnis mehrerer Generationen eingeschrieben haben. Museumsdirektorin Christine Vogt über Märchenfiguren und düstere Sagen.

trailer: Wo liegt denn der besondere Reiz, den Autor Otfried Preußler und seine Kinderfiguren in einem Museum zu zeigen?

Christine Vogt: Otfried Preußler ist einer der ganz wichtigen Geschichtenerzähler, aber die Illustratorinnen und Illustratoren, die seine Bücher bebildert haben, gehören zu den führenden in Deutschland und haben zum Beispiel mit dem Räuber Hotzenplotz eine Figur kreiert, da hat fast jeder sofort die Buch-Illustrationen von Franz Josef Tripp im Kopf. Das gezeichnete Bild ist das, was bei uns zuerst aufploppt. Das gleiche gilt auch für die kleine Hexe. Bei der Neuverfilmung vor ein paar Jahren wurde genau dieses Hexen-Design von Winnie Gebhardt übernommen und ins Filmische übersetzt. Von daher gehört auch diese Geschichte auf jeden Fall ins Museum.

Dr. Christine Vogt
Foto: Axel Scherer
Zur Person:
Dr. Christine Vogt ist seit 2008 Leiterin der Ludwig Galerie Schloss Oberhausen. Sie studierte in Aachen Kunstgeschichte, Geschichte, Baugeschichte und Politische Wissenschaft. Nach ihrer Promotion wurde sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Suermondt-Ludwig-Museum Aachen.

Angesichts von Internet-Formaten und Dauer-Kinderfunk, sterben diese Oldschool-Figuren wie die kleine Hexe oder das kleine Gespenst nicht bald aus?

Nein, die sterben nicht aus. Das sind Bücher, die Generationen von Kindern fasziniert haben. Wir sind schon damit aufgewachsen und meine zehnjährige Nichte findet die auch super. Die Geschichten sind auch immer wieder verfilmt worden. Und was Krabat anbelangt, der ist in dieser düsteren Erzählung als Parabel immer aktuell.

Das Böse bleibt aber vor der Tür?

Nun, es ist auch Teil von Preußlers Arbeit und gehört zu den illustrierten Geschichten. Aber so richtig böse sind die Hexen, Gespenster oder selbst der Hotzenplotz eigentlich nicht.

Aber es stimmt schon, dass Preußler den Räuber Hotzenplotz nur geschrieben hat, weil er mit dem Krabat nicht weiterkam?

Um den Krabat ranken sich viele Mythen. Er hat daran über zehn Jahre gearbeitet. Das ist eine sehr lange Phase gewesen und da steckt sehr viel von ihm selbst drin und die Verarbeitung der Nazi-Zeit. Dass man sich so blenden lässt, ist für Preußler ein großes Thema. Deshalb hat er sich so lange damit rumgequält oder um es positiver zu formulieren: Deshalb hat die Geschichte eine lange Entwicklung genommen. Noch einmal zum Hotzenplotz: Preußler hat sich immer auch mit den unterschiedlichen Gattungen auseinandergesetzt und der Räuber ist natürlich reines Kasperletheater. Es ging also eigentlich auch darum, dieses deutsche Phänomen der Kasperlefiguren umzusetzen.

Was ist denn im Museum zu sehen?

Zu allen Büchern von Otfried Preußler sind die Illustrationen zu sehen. Da gibt es ein weites Spektrum, das in den 1950er Jahren anfängt und dann bis in die heutige Zeit reicht, weil die Bücher auch immer wieder neu verlegt worden sind.

Inwieweit spielt das Leben von Preußler in der Ausstellung eine Rolle?

Wir thematisieren das. Wir beschreiben seinen Lebensweg, der ja auch ein sehr deutscher ist. Die Familie gehört zu den Vertriebenen, er ist lange in Kriegsgefangenschaft gewesen, was sein Werk sehr geprägt hat. Krabat ist ohne seine Erfahrungen im Dritten Reich nicht zu denken. Dazu kommt seine böhmische Herkunft. Die ist auch typisch für die Geschichten, die er erzählt, von daher kommt sein Leben schon in der Ausstellung vor. Aber sie ist in erster Linie nicht eine Otfried Preußler-Schau, sondern eine Ausstellung, die sich mit den Bildern seiner Bücher beschäftigt. Wir leisten hier auch echte Pionierarbeit. So eine Zeichnerin wie die genannte Winnie Gebhardt, die die kleine Hexe entworfen hat, das ist ja wie ein Key Visual, die taucht noch nicht mal im Deutschen Cartoon-Lexikon auf. Das kann doch nicht sein.

Wenn man sich das Preußler-Universum anschaut, gibt es da ein Ranking der Figuren? Wer ist die bekannteste?

Ich würde sagen Hotzenplotz. Was würden Sie sagen?

Das ist schwer zu sagen, ich bin mit der kleinen Hexe groß geworden. Wenn ich Preußler höre, denke ich immer an die kleine Hexe.

Die ist ja mittlerweile 127 Jahre jung. Also ich glaube, diese frühen Figuren, die kleine Hexe, der kleine Wassermann, der Räuber Hotzenplotz sind weit oben imkollektiven Gedächtnis.Aber Krabat ist auch unglaublich bekannt. DenHutzelmannHörbe mit dem großen Hut kennen dagegen eher wenige.

Wie bleibt der Rundgang im Museum denn dauerhaft spannend?

Erstmal haben wir eine ganze Reihe von Dingen, die man auf den Rundgang mitnehmen kann. Es gibt einen Kinder-Audioguide und es gibt ein Kindermitmachheft. Die Ausstellung ist tatsächlich was für die ganze Familie und mit diesem Heftchen kann man ganz prima mit den Kindern ins Gespräch kommen, kann sogar interaktiv was zu den Zeichnungen machen. Dadurch bleibt das auf jeden Fall spannend und ich denke, dass viele der Eltern und Großeltern den kleineren Kindern auch eigene Geschichten erzählen können. Die ursprüngliche Ausstellung, die wegen der Pandemie geschlossen wurde, wird sogar noch erweitert durch Puppen aus dem Düsseldorfer Marionettentheater. Das ist sicherlich auch ganz spannend. 

„Räuber Hotzenplotz, Krabat und Die kleine Hexe“ | 18.9.- 15.1.23 | Ludwiggalerie Schloss Oberhausen | 0208 412 49 28

Interview: Peter Ortmann

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