Der Kunstvereinsraum im Haus Kemnade ist bestückt mit elf abstrakten Reliefbildern, ungleichmäßig geschnittenen Spiegeln und auf dem Boden einem raumgreifenden Gebilde aus geschwungenen Holzleisten, die sich wie Taue über die Holzdielen winden, um sich dann aufzurichten wie Kobras beim Flötenspiel. Die zunächst rätselhaften Formkompositionen entpuppen sich bei genauer Betrachtung als präzise konstruiert. Der israelisch-deutsche Künstler Amit Goffer (geb. 1979 in Tel Aviv), der seit Abschluss seiner Ausbildung an der Kunstakademie 2012 in Düsseldorf lebt und arbeitet, hat die Elemente seiner Installation in Bild und Raum immer wieder neu arrangiert. Goffer ist künstlerisch nicht festgelegt auf bestimmte Materialien und Techniken, bedient sich mal der Malerei, mal der Bildhauerei, arbeitet installativ, mitunter partizipativ mit kommunikativen Elementen, im Außen- wie im Innenraum. Seine Interventionen stimmt er jeweils auf den Präsentationsort ab – wie hier mit seinem Holz-Spiegel-Environment für das rustikale Wasserburg-Ambiente. Sein Sujet ist die Auseinandersetzung mit Beziehungen von Menschen im Raum, in ihrer Umwelt und in einer immer komplexeren und undurchschaubareren Welt.
Diesen Eindruck spiegelt das Environment wortwörtlich: Die vier Spiegelplatten mit den ungeraden Kanten sind uneben, die Oberflächen rillig, werfen Blasen und verzerren enorm. Gespiegeltes flirrt und verschwimmt, ordnet sich bei der kleinsten Bewegung neu. Die Holzreliefbilder rundum an den Wänden zeigen jeweils acht identische geometrische Holzelemente in immer neuen Konstellationen, drei „Fenster“ mit Innenleben, zwei längere und zwei kürzere zweifach geknickte Stäbe und ein würfelförmiges Objekt – Elemente, die auch in der skulpturalen Bodenarbeit wieder auftauchen und nun als anthropomorphe Gestalten aufrecht im Raum stehen. Das Holzband-Geschlinge, das sich von einem kreisrunden Zentrum aus über den Boden windet, verbindet sie, auch wenn einzelne auseinanderstreben. Jede Figur hat unterschiedliche (Plexiglas-)Bilder im „Kopf“. Die elfte fehlt am Ende ihres Holzbandes, das elfte Reliefbild steht am Boden. Alle Details der Raumarbeit sind symbolisch enorm aufgeladen. Wenn man sie allerdings dekodiert hat, dann ist im Grunde alles gesagt.
Amit Goffer: Zig Zag | bis 14.9. | Kunstverein Bochum in Haus Kemnade, Hattingen | 02324 302 68
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Verlust an Orientierung
Amit Goffer im Haus Kemnade in Hattingen
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Interesse statt Empörung
Ausstellung über „entartete Musik“ im Hattinger Haus Kemnade – Spezial 02/18
Einpackpapier von der Rolle
Japanische Farbholzschnitte im Bochumer Haus Kemnade – Kunstwandel 08/15
Appetithäppchen
Westdeutscher Künstlerbund (WKB) in Witten – Ruhrkunst 08/25
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24