Statt Gegeneinander Miteinander, davon zeugen die regelmäßigen Theater-Häppchen der freien Theaterszene Essen, die sich nun in der Casa präsentierten. Mit Unterstützung des städtischen Kulturbüros und in Kooperation mit dem Schauspiel Essen steht die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Thomas Kufen, die Begrüßung übernahm Christian Tombeil, Intendant des Grillo-Theaters. Durch das Programm führte humorvoll und gekonnt Gordon Strahl. In fünf Blöcken mit Pausen konnten sich Theaterfans und Neugierige von 11 bis 18 Uhr Ausschnitte von 17 freien Theatern zum Auftakt der Saison 2017/18 anschauen; begonnen hat man mal mit zwölf, letztes Jahr waren es 15, die freie Theaterszene wächst.
Die Idee erwuchs aus der Kultur-Marketing Initiative, die Peter Cristofolini vor rund zehn Jahren ins Leben gerufen hat. Konkurrenzdenken? Fehlanzeige. Man nehme sich aufgrund ausreichender Unterscheidungsmerkmale nichts weg, erklärte er. Es ist wichtiger, gemeinsam stark zu sein. Auch in der Kulturhauptstadt sind städtische Fördergelder rar. So stand man an langer Tischreihe vor der Casa parat, um Programminfos zu vermitteln und sonstige Fragen der Besucher zu beantworten. Und die kamen reichlich, bereits um 11 Uhr war der erste Block gut gefüllt, ab Block 3 musste man schon flott sein, um noch einen Platz zu ergattern. Zum freien Eintritt gehörte die freie Platzwahl. Da es nicht jeder schaffte, von Anfang bis Ende zu bleiben, fand sich für jeden noch ein Plätzchen.
Das Programm, bunt und abwechslungsreich: dramatisches wie komödiantisches Theater mit oder ohne Tanz und Gesang, erotische Paar-Akrobatik des GOP-Varietés, Ruhrpott-Revue und 70er-Schlagersause. Es war allerdings viel Input und die Luft im Saal bald recht stickig. Draußen lockte zudem gutes Wetter und das Stadtfest Essen.Original – ungeplante Konkurrenz, denn die Theater-Häppchen sollten erst eine Woche später stattfinden. Über zu wenig Besucher musste man sich trotzdem nicht beklagen. Es stellt sich eher die Frage, ob dadurch nicht auch spontan Gäste herein schnupperten; gegenüber auf dem Theaterplatz stand eine Konzertbühne.
Eine Folge der Terminverschiebung waren neben den teils ausgereiften Darbietungen die Previews, denen die Probenreife fehlte - oder der Schauspieler in Urlaub, so dass zum Beispiel der Froschkönig sich im gleichnamigen Märchen-Kinderstück vom Theater THESTH nicht blicken ließ. Zudem stehen bei mehreren Theatern Renovierungen, Sanierungen oder Umzüge an, was zum Beispiel die grundsätzlich minimalistische Darbietung des Theaters der leere raum mit dem kommenden Stück „Tränen der Heimat“ extrem puristisch ausfallen ließ. Das wurde jedoch mit Humor und Hintergrundinfos der Regisseurin gut aufgefangen.
Das Theater Freudenhaus nahm mit dem Ruhrgebietsschwank „Freunde der italienischen Oper“ die eigene Erstproduktion wieder ins Programm. Es nimmt die Vorurteile einer Familie aus Essen-Steele gegenüber einem italienischen Migranten auf die Schippe und kam sehr gut an. Dramatisch beeindruckte auch die Vorschau zu Kafkas „Verwandlung“ des Theaters Essen-Süd. Hier konnte man erleben, wie man den bekannten Stoff mit wenigen Mitteln und anknüpfend an das Demenz-Thema auf die Bühne bringt – und was für einen schaurigen Effekt das Schrappen von Händen über halbtransparente Folien-Wände haben kann.
Viel gelacht wurde bei der an Loriots Humor anknüpfenden Komödie „Konfusionen“ der Studio-Bühne Essen, dem „Schwanensee in Stützstrümpfen“ des Kleinen Theaters Essen und den „Ziemlich besten Freundinnen“ des Theaters Courage. Bei der 70er-Revue „Malente“, einem Gastspiel im Theater im Rathaus, dauerte es nicht lange, das Publikum zum Mitsingen und Mitklatschen zu motivieren. Das Ensemble musste nach den Theater-Häppchen am gleichen Abend auch noch die komplette Show abliefern, starke Leistung. Am kommenden Sonntag steht schon eine zweite Preview-Show mit den KollegInnen an, dann zur Feier von 125 Jahren Grillo-Theater – ein guter Grund für die erwähnte Verschiebung.
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