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Im Hades: Odysseus (Maximilian Pulst) und Gefährte (Toias Amoriello)
Foto: Sabine Michalak

Kill your Heroes

12. April 2016

Daniel Kunzes „Die Odyssee" am Rottstr5 Theater – Theater 04/16

Altgediente Helden vom Sockel stoßen und ihnen gleichzeitig einen warmen Empfang auf dem Boden der Tatsachen zu bereiten, ist in Bochums Rottstr5-Theater derzeit schwer angesagt. Kürzlich zeigte sich das mit Konstanze Kappensteins „Othello", nun mit einer irrwitzigen Inszenierung von Homers „Odyssee", auf die Bühne gebracht von Jung-Regisseur Daniel Kunze.

Wer glaubt, die Co-Produktion von Studierenden des Folkwang-Studiengangs Schauspielregie und dem jungen Hinterhof-Ensemble „young'n'rotten" sei nichts als eine weitere postmoderne Götzenlästerung liegt weit daneben – die Inszenierung mag kurzweilig sein, hat aber gleichzeitig Tiefgang. Auch wenn man das vielleicht erst ganz zum Schluss versteht.

Dabei liegen die Zeichen dem Zuschauer schon ganz am Anfang zu Füßen: Die vier Schauspieler sitzen auf dem mit Erde bedeckten Bühnenboden, bauen Schlösschen aus Dreck, die bald eh wieder zerstampft werden, widmen sich Sandmalereien oder suchen – wie Lea Kallmeier – nach Essbarem zwischen all dem Schmutz. Odysseus (Maximilian Pulst) versucht die Geschichte seiner Abenteuer zu erzählen, will sich dem Publikum als Held verkaufen. Das unterläuft die Inszenierung bewusst von Anfang an, der Held Homers wird zur absurden Karikatur.

Auf dass das Kind was zutun hat

Das Absurde ist auch schließlich das philosophische Stichwort, das auf die Tiefenstrukturen der Inszenierung verweist: Als Odysseus und Anhang auf einer Insel stranden, wo berauschender Lotus blüht, zweifelt ein Gefährte (Tobias Amoriello von young'n'rotten) an der Sinnhaftigkeit der ganzen Unternehmung. Wen treiben schon Ziele, wenn der Lotus durch die Blutbahn ballert? Auf jeden Fall Odysseus, der auch weiß, was nach dem Erreichen der letzten Ziele kommt: das nächste Ziel. Und so weiter. Dass wir am Ende auf den berühmten, auf Camus' Philosophie des Absurden verweisenden Sysiphos treffen, macht den Zuschauer nachdenklich – Odysseus hingegen nicht.

Dass die berühmten Stationen der Odyssee – die Höhle des Zyklopen, die Reise in den Hades – so humorvoll in Szene gesetzt sind, trägt nicht nur (sehr gelungen) zur Unterhaltung bei. Der Abgesang auf das Held-Sein in jeder Form wird dadurch erst mit Genuss hörbar. Und am Ende verstehen wir endlich, dass wenn die Götter Odysseus auf die nächste Reise schicken, eigentlich nicht mehr wollen, als dieses egozentrische Kind zu beschäftigen, auf dass es endlich die Klappe hält. Hauptsache, der Junge hat was zu tun. Und am Ende widmen sich wieder alle den vergänglichen Malereien im Dreck zu ihren Füßen. Und wenn sich da noch was zu essen findet: Umso besser.

„Die Odyssee“ | R: Daniel Kunze | Do 14.4. | www.rottstr5-theater.de

Dominik Lenze

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