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Foto: Thorsten Schnorrbusch

Mit Drogen locker durchs Leben

26. Juni 2019

Huxleys „Schöne neue Welt“ in Bochum – Theater Ruhr 07/19

Seifenblasen platzen lautlos. Die Welt aus fünf Europaletten ist schön. Grünes Gras in gläsernen Vasen und eine einladende Hängematte suggerieren Frieden für Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ im kleinen Bochumer Rottstr5Theater. Seine Dystopie einer perfekten Gesellschaft passt wie gemacht für den zeitgenössischen Versuch des Aufbruchs in eine wie auch immer aussehen wollenden europäische Ökogentrifizierung. Drei blütenweiß gekleidete Protagonisten (Alexander Gier, Lea Kallmeier, Benjamin Werner) säuseln über die Vorzüge einer perfekten Menschheit, die sich selbst immer neu und identisch klont. In zwei Klassen natürlich: Eine muss schließlich arbeiten, und die, die ihre Zeit mit der Rezitation von Glückskeks-Sprüchen verbringt und mit dem Sprudeln von Junkie-Beruhigungssäften.

Regisseurin Maria Trautmann verdichtet die Geschichte auf das Aufeinanderprallen dieser Glücksbärchis mit einem Unangepassten aus der Peripherie. Johnplatzt mitten hinein in das selige Miteinander, wo jeder schwache Gedanke an Widerspruch sofort mit dem Schluck aus der Drogenpulle mit Soma erstickt wird. Das Individuum zählt hier nichts mehr, auch John findet alles prima. Erst einmal. Die einzelnen Szenen unterbricht die Regie mit zum Teil wilden Choreografien, der kleine Videoscreen zeigt Natur im Irgendwo – ich glaub, ich hab den Ayers Rock bemerkt, dazu wiegen sich Ähren im Wind. Erst mal in die Flasche sprudeln.Trautmann muss verdichten und so muss John den Stachel reizen.

John Savage, der wilde Außenseiter, natürlich gezeugt, mit Shakespeare aufgewachsen, bringt Unruhe in die heile Welt: Er überzieht beim Golf, versagt beim Federball, „Ist nicht schlimm“ wird fast zum Running gag. John versucht Veränderungen zu generieren, scheitert an der Liebe, er sieht Kinder, die auf seelische Abstumpfung konditioniert werden. Er fordert vehement sein Recht zum Unglücklich sein und kasteit sich mit der Lederjacke, eine Szene die den Romanfluss von Huxley widerspiegelt. Im Theater ist John nun zum Außenseiter geworden. Sein Ende endet im Black und mit dem Satz: Ich sehe keine Menschen hier, ich sehe nur Gespenster. Ob die wirklich erst 2540 n. Chr. die Welt bevölkern? Ich bin da eher skeptisch.

„Schöne neue Welt“ | R: Maria Trautmann | 9.8., 1.9. je 19.30 Uhr | Rottstr5 Theater, Bochum | www.rottstr5-theater.de

PETER ORTMANN

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