So richtig hat das Jahr 2018 noch gar nicht angefangen, da wirken bereits fürchterliche Flüche in die Theater der Region, kleine Häuser und nicht so riesige Flüche - zugegeben, aber dennoch, wo die „Jugend ohne Gott“ (Kammerspiele Bochum) auf Orientierung wartet, wo Metropolis in seiner Dystopie versinkt (Grillo Essen), da sind es eher die Siegfrieds, die Sisyphose und die Humbert Humberts dieser Welt, die sich dem Schicksal allein stellen müssen, ob in Moers oder Bochum – das spielt ja wohl keine Rolle hier in unserer wunderbaren Metropolregion.
Das kleine Schlosstheater in Moers jedenfalls hat die historische Herausforderung erkannt und lässt den ewigen Kleinkrieg entfesseln, um Geld, Gold, Immobilien und Macht am Niederrhein. Das Stück „Der Ring. Rheingold im Königssee“ hat aber eine neue, alte Bedeutung am Moerser See gleichen Namens: Wer Gemeineigentum privatisiert, geht zwangsläufig unter. Das sei der Fluch der Götter von Mutter Natur. Ausgesprochen wird der im Wallzentrum mitten in der Innenstadt: einst erhoffte Shopping-Mall (1975), heute eher kommunales Sorgenkind. Und niemand gibt das Gold, die Landschaft zurück. Hier inszeniert Ulrich Greb gesangfrei seinen Ring. Und – wie bei Wagner steuert alles auf eine finale Katastrophe zu. Oder?
Auch für den abgezocktesten aller Menschen wurde die finale Katastrophe einst zur persönlichen Niederlage. Er, der Göttervater Zeus überlistete und den Tod entmachtete, wird von den Göttern verflucht, in den Hades gesteckt und lebenslänglich gequält. Waterboarding wäre nix dagegen. Sisyphos musste fortan einen Steinblock den Hügel hinaufrollen. Dumm nur, dass der, ehe er fast oben war, wieder zurückkullerte und der Arme immer wieder von vorn begann. Romy Schmidt inszeniert im Bochumer Prinz Regent Theater nun „Sisyphos! – Der Berg ruft...“. Das erinnert fatal an Louis Trenker („Du bist der König der Berge“) und den Fluch am Matterhorn. Auch Louis rann der Schweiß ja immer schwarz-weiß von den Gliedern.
Den letzten Fluch bearbeitet Alexander Ritter im Brückenrund an der Bochumer Rottstraße. Im kleinen Off-Theater geht es um Lolita und die verbotene Liebe. Dolores Hazes Name ist längst zum Schlagwort verkommen, ihre Geschichte an gesellschaftliche Realitäten umgedeutet für Kindfrauen, blutjunge Models, Partnerbörsen, etc. angepasst. Doch in dem Roman von Vladimir Nabokov (1955) geht es eher um den Fluch der Obsession, es geht um Leben und Tod, Sex und Crime und um ein erzähltes „Roadmovie“ quer durch die USA. Es ist die Geschichte vom Literaturwissenschaftler Humbert Humbert, der 1952 im Gefängnis auf seinen Prozess wartet.
Don't be alarmed. Das Frühjahr hat auch seine schönen Seiten. Doch wer die Sorgen der Erde satt hat, fliege in die Galaxis und gedenke so, das Ärgste zu versäumen. Das macht Stanislaw Lems Astronaut Ijon Tichy auch so. Bis er zum „Achten Futurologischen Weltkongress“ in Nounas, der Hauptstadt Costricanas geladen wird und dort als Drogenjunkie unter die Räder kommt. Tomas Schweigen inszeniert den Einsatz von „Benignatoren“, um einen Diktator im Amt zu halten, am Theater Oberhausen.
„Der Ring. Rheingold im Königssee“ | 23.2.(P) 19.30 Uhr| Schlosstheater Moers | 0284 18 83 41 10
„Sisyphos! – Der Berg ruft...“ | 9.3.(P) | Prinzregenttheater Bochum | 0234 77 11 17
„Lolita“ | 27.1.(P) 19.30 Uhr | Rottstr 5 Theater Bochum | 0163 761 50 71
„Der futurologische Kongress“ | 2.2.(P) 19.30 Uhr | Theater Oberhausen | 0208 857 81 84
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