Manche Filmkunstwerke haben ein nahezu ewiges Leben. Jean-Luc Godards Debütfilm „Außer Atem“ gehört seit 1960 dazu. Der Gangster-Streifen war revolutionär, weil er alle damaligen filmischen Regeln missachtete: Er nutzte er eine Handkamera, auch seine harten Schnitte, das Sprunghafte in Godards Erzähltechnik, der das Drehbuch von François Truffaut extra umgeschrieben hatte, sind längst Filmgeschichte. Ideengeber war damals ein Zeitungsbericht über den Mord an einem Polizisten.
Der Stoff hat das Theater erreicht. Alexander Ritter hat die Story für das Rottstr 5 Theater in Bochum bearbeitet und inszeniert ihn frei nach Jean-Luc Godard mit Lise Wolle und Henry Morales in der kleinen Katakombe. Die Grundzüge des Plots dürften erhalten geblieben sein, auch wenn das Filmische etwas dem Theatralischen weichen muss. Doch die 90-minütige Geschichte, bei der es zuerst um Unsterblichkeit in Paris und dann um einen heroischen Tod geht, wird auch in Bochum funktionieren. Schnell, erhitzt und atemlos geht es darin auf eine Talfahrt der Gefühle. Die beginnt, als sich der Kleinkriminelle Michel mit einer gestohlenen Nobelkarosse auf dem Weg nach Paris macht, wo ihm jemand Geld schuldet. Doch erst durchbricht er einen Kontrollpunkt der Polizei und erschießt einen Motorradpolizisten, um zu entkommen. Jetzt wird die Jagd auf ihn ausgeweitet, die Polizei beginnt, das Netz enger zu knüpfen.
Michel versteckt sich bei der amerikanischen Journalistik-Studentin Patricia, die er mal in Südfrankreich kennengelernt hat. Er macht ihr den Hof und bedrängt sie, ihn auf seiner Flucht nach Italien zu begleiten. Doch Patricia wird ihn an die Polizei verraten, denn die droht ihr die Aufenthaltsgenehmigung zu entziehen. Am Ende wird Michel von hinten erschossen, als er versucht, eine Pistole aufzuheben. In einer der letzten Einstellung liegt er auf der Straße und bläst noch eine Rauchwolke aus, wie eine Pistole nach dem Schuss. Tja, es war auch eine Hommage an den Film Noir. Wäre Michel von Humphrey Bogart gespielt worden, hätte er bestimmt überlebt. Seien wir gespannt, wie sich das lärmende Paris in dem kleinen Bochumer Off-Theater anhört.
Außer Atem | Fr 15.12. (P), 19.30 Uhr | Rottstr 5 Theater, Bochum | 0163 761 50 71
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Menschliches Treibgut
„Odyssee“ am Bochumer Rottstr 5 Theater
Zwischen Utopie und Ökoterrorismus
Tagung „Klimafiktionen“ in Bochum – Literatur 12/24
Widerstand ist machbar, aber unbeliebt
„Die fetten Jahre sind vorbei“ am Rottstr 5 Theater – Prolog 06/22
Wetterleuchten der Veränderung
Alexander Ritter inszeniert „Wir, Kinder der Sonne“
„Es geht nur noch darum, das irgendwie zu beherrschen.“
Auftakt der Bochumer Klimawoche von „correctiv“ am 4.11. in der Rottstr. 5 – Spezial 11/19
Mit Drogen locker durchs Leben
Huxleys „Schöne neue Welt“ in Bochum – Theater Ruhr 07/19
„Bullshit von der AfD“
Die Leitung des Bochumer Theaters Rottstr 5 über Fördergelder der freien Szene – Bühne 02/19
Stoisch sind die Salatköpfe
„Die Kopien“ am 12.10. am Rottstr5-Theater in Bochum – Bühne 10/18
Heute ein Mythos
„Die im Schatten leben“ vom Rottstr 5 Theater – das Besondere 07/18
Das Jahr beginnt mit Flüchen
Komödien sind nicht alles im Theater – Prolog 01/18
Deutschland mal zehn
„Deutschland Shorts“ bringt 10 Mini-Stücke im Depot und an der Rottstraße auf die Bühne – Theater 11/17
Szenische Revolution
Lukas Vogelsang mit Hamster in Bochum – Lesezeichen 09/17
Tanz als Protest
„Borda“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 06/25
„Das Publikum ist verjüngt und vielfältig“
Opernintendant Heribert Germeshausen zum Wagner-Kosmos in Dortmund – Interview 06/25
„Da werden auch die großen Fragen der Welt gestellt“
Kirstin Hess vom Jungen Schauspiel Düsseldorf über das 41. Westwind Festival – Premiere 06/25
Morgenröte hinter KI-Clouds
Das Impulse Festival 2025 in Mülheim, Köln und Düsseldorf – Prolog 05/25
Das Vermächtnis bewahren
Eröffnung des Bochumer Fritz Bauer Forums – Bühne 05/25
Rock mit Käfern, Spiel mit Reifen
41. Westwind Festival in Düsseldorf – Festival 05/25
Von und für Kinder
„Peter Pan“ am Theater Hagen – Prolog 05/25
„Der Zweifel als politische Waffe“
Intendant Olaf Kröck über die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Premiere 05/25
Entmännlichung und Entfremdung
Festival Tanz NRW 2025 in Essen und anderen Städten – Tanz an der Ruhr 05/25
Von innerer Ruhe bis Endzeitstimmung
Die 50. Mülheimer Theatertagen – Prolog 04/25
Jenseits des männlichen Blicks
„Mother&Daughters“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 04/25
Gegen den ewigen Zweifel
Die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Prolog 04/25
„Kunst hat keine Farbe, Kunst ist Kunst“
Isabelle und Fabrice Tenembot vom Verein Afrikultur über das 4. Mboa-Festival in Dortmund – Interview 04/25