Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.558 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Simon Heußen, Leiter der Bochumer Berufsfeuerwehr
Foto: Benjamin Trilling

„Es geht nur noch darum, das irgendwie zu beherrschen.“

05. November 2019

Auftakt der Bochumer Klimawoche von „correctiv“ am 4.11. in der Rottstr. 5 – Spezial 11/19

Simon Heußen weilte gerade im Urlaub. Sein Mobiltelefon schaltete der Leiter der Bochumer Berufsfeuerwehr in diesen Tagen natürlich aus. Als er dann doch einmal kurz aufs Handy schaute, waren etliche Anrufe eingegangen. Die Kollegen brauchten jede helfende Hand. Denn Zuhause, im Ruhrgebiet, herrschte Chaos. Es war der 9. Juni 2014, ein sonniges Pfingstwochenende – bis eine Gewitterfront eines Tiefdruckgebiets durch weite Teile NRWs fegte. Die Folgen der Sturmböen, des Regens und Hagels waren verheerend: Sechs Menschen starben, 30 Bürger*innen wurden schwer, 37 leicht verletzt.

Ela, wie die Meteorologen das Tiefdruckgebiet tauften, gilt seitdem als Chiffre für die plötzlichen Unwetterturbulenzen, die sich an tropischen Sommertagen in den Ballungsgebieten entladen. Der Klimawandel, der sonst so abstrakt erscheint, hat konkrete Folgen. Vor Ort kann kein Einwohner den Klimakollaps leugnen, während Behörden darum ringen, den Schaden und die Konsequenzen so gering wie möglich zu halten.

Darüber sprachen Simon Heußen und Marko Siekmann, Leiter der Stadtwässerung Bochum, mit den Gästen im Theater Rottstr5. Der Abend war der Auftakt der Bochumer Klimawoche, veranstaltet von Recherchekollektiv correctiv, bei noch bis zum 7. November Politiker*innen, Wissenschaftler*innen oder Aktivist*innen von Fridays for Future debattieren werden.

Als Leiter der Bochumer Berufsfeuerwehr spürt auch Simon Heußen die Folgen im Alltag: „Gerade in den Sommerwochen nehmen diese Extremwettereignisse in der Taktung und Heftigkeit zu. Die Menschen wissen, dass es kein Zufall ist.“ Alleine im Stadtteil Langendreer sei er bereits sechs mal herausgerückt, um Keller leer zu pumpen. Daran müssten sich die Bürger*innen gewöhnen. Anderseits gehe es auch darum, die städtische Infrastruktur anzupassen, so Marko Siekmann: „Es geht nur noch darum, das irgendwie zu beherrschen.“ Anpassungsmaßnahmen würden aktuell bereits ergriffen, darunter zählen etwa zusätzliche Wasserwege, die vorher mit einer Software simuliert werden können. Mittelfristiges Ziel: Extremerniederschlag soll keine Großeinsätze mehr nach sich ziehen, so Siekmann: „Wenn Wasser die Straßen herunter läuft, soll keiner die Feuerwehr anrufen müssen.“ Aktuell werde dafür eine Starkregenkarte genutzt: „Wir schauen nach den Spots, wo wir Gefahren haben.“

Prognostizieren lässt sich jedoch nicht alles. Vergangenen Sommer rissen „orkanartige Böen“ in Bochum-Ehrendfeld einen Baum um, wie Simon Heußen an diesem Abend berichtet: „Manche Ereignisse kommen völlig unerwartet. Das sind Phänomene, vor denen sich schwer warnen lässt.“

Zu den lokalen Folgen des Klimakollaps zählt der Feuerwehrmann auch die extreme Hitze. So zog die Dürre in den letzten beiden Sommern ein Fischsterben nach sich, während sich die Anzahl der Kleinbrände verdoppelt habe. Auch Herz-Kreislaufprobleme nehmen in diesen tropischen Tagen zu: „Vor allem die älteren Menschen leiden darunter“, so Heußen. Das gelte ebenso für den Rettungsdienst selbst: „Die Einsatzkräfte haben bis zur Erschöpfung gearbeitet.“ Schließlich wurde die Schutzkleidung angepasst. Seitdem trägt die Feuerwehr an heißen Sommertagen kurze Hosen, berichtet Heußen: „Das macht der Körper sonst nicht mehr mit.“

Doch auch gegen die Hitzeperioden seien bereits Anpassungsmaßnahmen ergriffen worden. Alte Bäume wurde durch neue ersetzt. „Damit wir Kühlung in die Städte bringen“, erklärt Marko Siekmann vom Tiefbaumt. „Dann können wir nachts wieder schlafen.“

Benjamin Trilling

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Arthur der Große

Lesen Sie dazu auch:

Nouvelle vague in der Katakombe
„Außer Atem“ am Bochumer Rottstr 5 Theater – Prolog 12/23

Widerstand ist machbar, aber unbeliebt
„Die fetten Jahre sind vorbei“ am Rottstr 5 Theater – Prolog 06/22

Wetterleuchten der Veränderung
Alexander Ritter inszeniert „Wir, Kinder der Sonne“

Mit Drogen locker durchs Leben
Huxleys „Schöne neue Welt“ in Bochum – Theater Ruhr 07/19

„Bullshit von der AfD“
Die Leitung des Bochumer Theaters Rottstr 5 über Fördergelder der freien Szene – Bühne 02/19

Stoisch sind die Salatköpfe
„Die Kopien“ am 12.10. am Rottstr5-Theater in Bochum – Bühne 10/18

Heute ein Mythos
„Die im Schatten leben“ vom Rottstr 5 Theater – das Besondere 07/18

Das Jahr beginnt mit Flüchen
Komödien sind nicht alles im Theater – Prolog 01/18

Deutschland mal zehn
„Deutschland Shorts“ bringt 10 Mini-Stücke im Depot und an der Rottstraße auf die Bühne – Theater 11/17

Szenische Revolution
Lukas Vogelsang mit Hamster in Bochum – Lesezeichen 09/17

„Wir haben die Spielplan-Hoheit“
Hans Dreher erklärt in Bochum den „Rotten Summer“ 2017 – Premiere 08/17

Spekulation auf Solidarität
„Coop 3000“ vom 13.-16. Juli an der Rottstr. 5 und anderen Orten – Spezial 07/17

trailer spezial.

Hier erscheint die Aufforderung!