Hömma. Aber auch zu. Der Märchenonkel sieht heute nämlich echt komisch aus. Der ist eigentlich gar nicht da. Der steckt in so einem kleinen Ding, das steckt man in so ein anderes kleines Ding und dann erzählt das. Da kann man auch keine Fragen stellen, oder sich ankuscheln, oder in ein Gesicht starren, ob der Mensch dort flunkert oder doch die Wahrheit sagt. Ob ihm die Haare zu Berge stehen oder die Nasenflügel flattern. Nein, Bücher sind nicht uncool. Und die Kunst des Erzählens ist mehr als eine kleine, feine Nische im Spektrum der Bühnenkünste, sie ist Weltkultur und Weltgedächtnis zugleich. In Gelsenkirchen gibt es seit 2010 dafür ein Festival im Consol Theater. Das „Gelsenkirchener Erzählfestival“ steht unter dem Motto „Arabischer Erzählfrühling“. Da war doch was. Krieg in 1001 Nacht? Nicht nur, es sind auch die berühmten Geschichten der Scheherazade aus dem Morgenland. Fast sechs Wochen lang, also nicht einmal fünfzig Nächte, erzählen in Gelsenkirchen Könner aus aller Welt Märchen und Legenden. Nur so am Rande, vorgelesen wird bei diesem Festival natürlich nicht. Ein Beispiel: Die meisten werden Aladdin und seine Wunderlampe kennen. Viele erinnern sich an Walt Disney, an das Musical oder die eine oder andere Verfilmung. Das orientalische Märchen wird beim Festival neu erzählt, live erzählt, und zwar gemeinsam von über einem Dutzend unterschiedlicher Menschen, mit verschiedenen Stimmen und vor allem in vielen, fremden Sprachen. Da ist Arabisch und Deutsch zu hören, Türkisch, Russisch, Englisch, Spanisch und, und, und… Alle werden die Geschichte dennoch verstehen, die so noch nie erzählt wurde. Nicht verpassen sollte man auch den britischen Meistererzähler Ben Haggarty, der das riesige „Gilgamesch Epos“ in eindrucksvolle Sprachbilder verwandelt. Diese Geschichte erzählt von dem Helden und dem von der Göttin Aruru erschaffenen menschenähnlichen Wesen Enkidu und der Suche nach dem ewigen Leben.
Gelsenkirchener Erzählfestival | 28.4.-2.6. | Consol Theater | www.erzaehlfestival.gelsenkirchen.de
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