Wer an Afrika denkt, denkt nicht notwendigerweise zuerst an Geometrie – Wüsten, Urwald und weite Savannen haben eben weniger mit Ecken und Kanten zu tun. Sehr überraschend ist deshalb der erste Blick auf den Eingang zu einem Parcours durch die Ausstellung „EFIE. The Museum as Home", die neben der Präsentation zeitgenössischer afrikanischer Künstler auch traditionelle Präsentationsformen des Westens in Frage stellen will.
Die seit der Venedig-Biennale 2019 international bekannte ghanaische Autorin, Filmemacherin, Kuratorin und Künstlerin Nana Oforiatta Ayim kuratierte im Dortmunder U auch eine Ausstellung mit kolonialer Raubkunst, die nicht nur Fragen von zukünftiger Restitution – die im Ruhrpott groß gewordene Künstlerin ist auch dafür in Ghana zuständig –, sondern auch in einem echten thematischen Kontrast stehen, beispielsweise zum zeitgenössischen Afrofuturismus eines Afroscope (Nana Opoku). Neben ihm sind auch Arbeiten der Künstler El Anatsui, Diego Araúja, Rita Mawuena Benissan, Kwasi Darko, Studio Nyali und Na Chainkua Reindorf zu sehen. Alles dreht sich um Heimat, wobei es dabei wohl mehr um die Heimat der Kunstwerke als die der Menschen geht. Denn ein Museum sei keine Heimat für afrikanische Kunst, sagt die Kuratorin, zumindest wenn man die historischen Werke betrachtet, die immer eher in ethnologischen Sammlungen gelandet sind und damit nicht nur ihre Präsenz, sondern auch Lebenskraft und Seele verloren haben. Museen mögen die Menschen in Ghana nicht und so gibt man den Kunstwerken neue, wandernde Räume in der Öffentlichkeit.
Kommen wir zur geometrischen Überraschung: Der Architekt DK Osseo Asare hat für die reisenden Werke ein zerlegbares geometrisches Bambusgerüst entwickelt, Assoziationen an ghanaische Kioske sind Konzept – der Name „Fufuzela“ lässt bei Fußballfans sicher falsche Assoziationen zu. Artifiziell im westlichen Duktus ist das Gerüst allerdings modulare Open-Source-Architektur. Die auf dubiosen Wegen in die bundesdeutschen Museen gelandeten Artefakte werden nun liebevoll in diese beweglichen Räume eingebettet, audiovisuell erhöht und alle mit einer Schale Opfergaben geehrt, was auch an den traditionellen Umgang mit westafrikanischen Orishas erinnert.
EFIE. The Museum as Home | bis 6.3.22 | Dortmunder U | 0231 502 47 23
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Wenn Wale fliegen
Adolf Winkelmann auf dem U
Ich glaub‘, mein Sein pfeift
Vortrag über Mensch-Tier-Beziehung in Dortmund – Spezial 06/23
Musikalischer Dadaismus
Nam June Paiks „I expose the Music“ in Dortmund – Kunstwandel 05/23
Was uns die Algen singen
Stolzer & Rütten im Dortmunder U – Ruhrkunst 05/23
Unsichtbar im Raum
Autorin Fatma Aydemir in Dortmund – Literatur 11/22
In Bildwelten tauchen
Fotosammlung Museum Ostwall trifft junge Fotobuch-Kunst – Ruhrkunst 08/22
Grenzgänge
Zeitgenössische irische Kunst in Dortmund – Ruhrkunst 02/20
Hoch hinaus
Emerging Artists Festival in Dortmund – Kunst 10/19
Alternativ und bräunlich
„Der Alt-Right-Komplex“ im Dortmunder HMKV – Kunstwandel 05/19
Kleine Ereignisse
Tina Tonagel in Dortmund – Ruhrkunst 10/17
Eine Biennale für Dortmund
Emerging Artists auf der UZwei – Ruhrkunst 10/17
Die Musealisierung des Pop
Musik als Ausstellungssache – Popkultur in NRW 09/17
Die Abstraktion der Künstlerinnen
„InformElle“ im Emil Schumacher Museum Hagen – kunst & gut 12/25
Raumschmuck aus Türmen
Mariana Castillo Deball im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 12/25
Rund ums Staubhaus
„How we met“ im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 12/25
„Konventionen über Bord werfen“
Co-Kuratorin Kerstin Meincke über „Germaine Krull: Chien Fou“ im Essener Museum Folkwang – Sammlung 12/25
Natur aus dem Gleichgewicht
Mika Rottenberg im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 11/25
Gespiegelte Erdgeschichte
Robert Smithson in Bottrop – Ruhrkunst 11/25
Unter Ruhris
Brigitte Kraemer in Essen – Ruhrkunst 11/25
„Bei Fluxus ging es nicht ums Genie“
Direktorin Julia Lerch Zajączkowska über „How We Met“ im Kunstmuseum Bochum – Sammlung 11/25
Wahre Geschichten
William Kentridge im Museum Folkwang Essen – kunst & gut 10/25
Solare Kräfte
„Genossin Sonne“ im Dortmunder U – Ruhrkunst 10/25
„Absurd und bewusst irritierend“
Kuratorin Inke Arns über „Genossin Sonne“ im Dortmunder HMKV – Sammlung 09/25
Unterwegs im virtuellen Raum
Peter Kogler im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 09/25
Ruhrgebilder
Pixelprojekt-Neuaufnahmen in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 09/25