Ein Auto brennt lichterloh in desolater Pfützenlandschaft. Obwohl im Hintergrund eng an eng Häuser stehen, zeigt sich keine Menschenseele. Aus dem Off schildert eine sachliche Männerstimme Gewalterfahrungen. In seinem Videowerk „Remains“ illustriert Willie Doherty den beklemmenden Bericht mit tristen Tatorten in seiner Heimatstadt Derry, einem Hotspot des blutigen Nordirlandkonflikts. Feuer lodern auch in Enda Bowes aktueller Fotoserie aus dem Alltag der Belfaster Jugend. Bonfires, Freudenfeuer sollen es sein, doch sind die eindringlichen Porträts farblich gedeckt, die Jugendlichen nachdenklich, geradezu melancholisch. Diese Anmutung teilen sie mit der Foto-Text-Installation der in Dublin lebenden jugoslawischen Fotokünstlerin Dragana Jurišić, die sich 2011 bis 2013 mit Kamera und einem Reisebuch von 1941 auf Spurensuche durch ihre verlorene Heimat begab.
Um Grenzräume geht es in der Ausstellung im Dortmunder U. Sechs irische Künstler thematisieren mit Rückblicken auf „The Troubles“ in ihrem Land, aber auch ganz allgemein und topaktuell in Zeiten von Brexit und wiedererstarkendem Nationalismus weltweit den Sinn und Unsinn von Grenzen zwischen Staaten und Menschen, auf Karten und in den Köpfen. Auch Humor und künstlerische Eleganz zählen dabei zu den Mitteln.
Für eines der Highlight sollten Besucher sich Zeit nehmen: Die zunächst recht spröde Talkrunde in Jesse Jones Videowerk „The Other North“ – südkoreanische Schauspieler, die das Skript einer realen Konfliktlösungstherapierunde in Nordirland Anfang 1970er Jahre nachsprechen – entpuppt sich als undogmatisches Lehrstück über Toleranz.
The Other Side. Grenzräume in der zeitgenössischen irischen Kunst | bis 17.3. | Dortmunder U, Ebene 6 (Galerie) | 0231 502 47 23
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ich glaub‘, mein Sein pfeift
Vortrag über Mensch-Tier-Beziehung in Dortmund – Spezial 06/23
Musikalischer Dadaismus
Nam June Paiks „I expose the Music“ in Dortmund – Kunstwandel 05/23
Was uns die Algen singen
Stolzer & Rütten im Dortmunder U – Ruhrkunst 05/23
Unsichtbar im Raum
Autorin Fatma Aydemir in Dortmund – Literatur 11/22
In Bildwelten tauchen
Fotosammlung Museum Ostwall trifft junge Fotobuch-Kunst – Ruhrkunst 08/22
Lebende Kunst in toten Museen
Kunst aus Ghana im Ostwall Museum im Dortmunder U – Kunstwandel 01/22
Hoch hinaus
Emerging Artists Festival in Dortmund – Kunst 10/19
Alternativ und bräunlich
„Der Alt-Right-Komplex“ im Dortmunder HMKV – Kunstwandel 05/19
Kleine Ereignisse
Tina Tonagel in Dortmund – Ruhrkunst 10/17
Eine Biennale für Dortmund
Emerging Artists auf der UZwei – Ruhrkunst 10/17
Die Musealisierung des Pop
Musik als Ausstellungssache – Popkultur in NRW 09/17
Forum für Talente und Experimente
„Junges Medienfestival – Feedback“ vom 29.6. bis 2.7. im Dortmunder U
Konkret gemalt
„Colours and Lines in Motion“ in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 11/23
Auf nach Phantásien!
Illustrationen zu Michael Endes Geschichten in Oberhausen – Ruhrkunst 10/23
Im Herzen des Bunkers
Marianne Berenhaut in Recklinghausen – Ruhrkunst 09/23
Zur Liebe
„love/love“im Künstlerhaus Dortmund – Ruhrkunst 09/23
Auf Zeitreise
„Ein Blick zurück“ im Lehmbruck Museum in Duisburg – Ruhrkunst 09/23
Wege der Landschaftsdarstellung
Sven Drühl in Oberhausen – Kunst 08/23
Futter fürs Bildgedächtnis
Pixelprojekt-Neuaufnahmen in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 08/23
Subversive Geister
Nils Alix-Tabeling in Dortmund – Ruhrkunst 08/23
Digital natürlich
New Now Festival auf Kokerei Zollverein – Ruhrkunst 07/23
Tauchgänge
„Diving into Art“ in Bochum – Ruhrkunst 06/23
Kompatibel mit Museum
Rafaël Rozendaals NFTs in Essen – Ruhrkunst 05/23
Alle mal spielen!
Takako im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 05/23