Drei Etagen füllt der Meister der Suppendose locker. Selbst mit Druckgrafik, oder gerade deswegen. All print is pretty. Viel gibt es zu schauen, auch weil das Serielle geschickt verteilt ist. Sehenswert bleibt Andy Warhol immer. Zwischen der knatschbunten Marilyn Monroe und den obligatorischen Suppendosen tauchen nicht nur Schatten der Vergangenheit auf, sondern auch selten gesehene Schätze, die seit Jahrzehnten in privaten Sammlungen verschwunden sind. „Ein Kaufhaus ist eine Art Museum“ wird der Popartist zitiert, dessen Welt in Polaroid dokumentiert und dessen Gedanken auf Zelluloid gebannt sind, selbst wenn es sich um so köstlich absurde Hardcore-Filme wie „Henry Geldzahler raucht eine Zigarre“ (1964, Gesamtlänge: 99 min.!) oder „Kiss“ (1963, 55 min) handelt. Bereits zu Lebzeiten ist Warhol populär wie kaum ein anderer Künstler. Er schuf bis heute gültige Symbole und Ikonen, seine Bildästhetik prägt das tägliche Leben nachhaltig und gehört immer noch zu dem teuersten, was man sich heute an Kunstwerk leisten kann.
Die Ludwig Galerie im Schloss Oberhausen zeigt nun in der Ausstellung „Andy Warhol - Pop Artist“seine Druckgrafiken, besonders die der frühen Jahre, aber auch Leinwandarbeiten wie „Portrait of a Lady“ (1982), auf dem eine unbekannte Person allein durch die Art der Warhol-typischen Darstellung zur Berühmtheit wurde und nicht nur die obligatorischen 15 Minuten Ruhm genoss. Neben dem Grafiker wird auch auf seine Präsenz innerhalb der damaligen Musikszene hingewiesen. Ein Highlight hier die Prokofiew Plattenhülle, die Andy bereits 1949 mit Motiven des mexikanischen „Florentiner Kodex“ verzierte. Die berühmte Banane von Velvet Underground dürfte ja hinlänglich bekannt sein und fehlt natürlich auch nicht. Was viele vielleicht nicht wissen: Mit gerade 32 Jahren war Andy Warhol um 1960 bereits ein äußerst erfolgreicher Werbegrafiker, als er sich dem Kunstbetrieb zuwandte. Auch als Schaufenstergestalter war er eine lokale New Yorker Größe. Mit den ersten Pop-Art Bildern von Dollarnoten und Suppendosen wurde er dann schlagartig berühmt.Zeitgleich mit Roy Lichtenstein verarbeitete Warhol in den Bildern auch Motive aus den Printmedien für seine Kunst. So löst er die Objekte des Alltags aus ihrer Umgebung, formuliert sie zur Kunst um und treibt das Spiel mit der Auflösung von Kunst in den Alltag immer weiter. Zahlreiche Arbeiten blieben bewusst unsigniert. Das Serielle wird ein Statement. „Marilyn“ produzierte er innerhalb einer Serie gleich in zehn verschiedenen Farbvarianten. Selbst nicht von ihm produzierte Siebdrucke ließ er urheberrechtlich unbehelligt und kennzeichnete Plagiate nur zum Teil.
Strategisch wandert der Besucher von „Desasters“, Warhols Todesserien, mit dem düsteren „Elektrischen Stuhl“ und den Serien zum Vietnamkrieg, oder der Ermordung Kennedys, zu den Portraits berühmter Persönlichkeiten – immer höher im Schloss Oberhausen, hin zu originalen Drehbüchern und Buchcovern. Aber auch zu Andy Warhols Index, einem Aufklappbuch von 1987, von dem drei Auflagen erschienen sind. Spannend auch die Fotoserie von Leo Weisse, der Warhol 1971 auf dessen Promotiontour zu dem Film „Trash“ in Deutschland begleitete.
„Andy Warhol - Pop Artist“ | Bis 18.5. | Ludwig Galerie Schloss Oberhausen | Infos: 0208 4 12 49 11
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