Alle Jahre wieder feiert sich die nordrhein-westfälische Theaterszene selbst. In diesem Jahr in Oberhausen. Neun herausragende Inszenierungen werden dazu in die Großstadt mit der höchsten Verschuldung pro Einwohner in Deutschland eingeladen, herausgefiltert aus 18 Produktionen, welche die jeweiligen Häuser selbst vorgeschlagen haben. Dazu partizipiert man an den aktuellen Großveranstaltungen mit dem diesjährigen NRW-Partnerland Polen und zeigt ein Gastspiel des Theaters Laznia Nowa aus Krakau („Enter the Dragon. Trailer“ nach dem Film „Der Mann mit der Todeskralle“). Dazu wirft das Theater Oberhausen mit der Audience Developments ein Auge auf die Kinder- und Jugendarbeit der Theater in NRW. Dazu werden Produktionen des NRW-Kinder- und Jugendtheatertreffens „Westwind“ eingeladen, und die Jugendclubs der NRW-Stadt- und Landestheater bekommen ein Forum, um ihre Arbeit präsentieren zu können. Ein Festivalzentrum, Podiumsdiskussionen und zahlreiche Konzerte runden das Programm des NRW-Theatertreffens ab.
Was haben die Zuschauer davon? Viel. Denn während der Festivalwoche können immerhin ausgewählte Inszenierungen gesehen werden, die der geneigte Rezipient entweder schlicht verpasst hat, oder den weiten Weg erst einmal scheute. Nun heißt es „westwärts“, kommen die jurierten Arbeiten ins Ruhrgebiet, als komprimierte vergangene Spielzeit quasi. Die zeitgenössischen Autoren können sich sehen lassen, sie stellen die Mehrheit der Auswahl, zweimal sogar (oder besser natürlich) Elfriede Jelinek („Die Kontrakte des Kaufmanns“,Wuppertaler Bühnen und „Ulrike Maria Stuart“,Schauspiel Essen), aber auch Biljana Srbljanovićs neuestes Werk „Das Leben ist kein Fahrrad“, inszeniert von Anselm Weber in Bochum, ist zu sehen. Die theatralische Auseinandersetzung mit dem Vater der serbischen Autorin ist am 30. Mai auch zum europäischen Theaterfestival in Novi Sad/Serbien eingeladen.
Nicht verpassen sollte man „Der Geizige“ nach Molière vom Theater Moers. Regisseur Philipp Preuss hat da einen genialen Abend geschaffen, der auch für die Bauchmuskeln unvergessen bleibt und vielleicht Falk Richters Interpretation von „Karte und Gebiet“ vonMichel Houellebecq. Der neue Düsseldorfer Hausregisseur schaffte zumindest eine umstrittene Inszenierung des gar nicht mehr umstrittenen französischen Autors und zelebriert so die angebotene Ware Authentizität.Die versucht auch „Nora“ in Henrik Ibsen-Doppelinszenierung von Kay Voges am Schauspielhaus Dortmund zu kosten, doch irgendwie geht doch wieder alles baden.
Das für so ein Theatertreffen unumgängliche Rahmenprogramm mit Konzerten und Publikumsgesprächen wird in Oberhausen neben dem schönen Kinder- und Jugendprogramm auch durch den vielteiligen Ring des Nibelungen-Zyklus vom kleinen Bochumer Offtheater Rottstr5 zum Besuch werben. Die haben sich die Figuren des mittelalterlichen Heldeneposses einzeln vorgenommen und sezieren so Befindlichkeit und neue Positionen.
„NRW Theatertreffen 2012“ I 10. bis 17. Juni I Theater Oberhausen I 0208 857 81 84
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