Hans Wanning beugt sich über seinen Laptop. Mit einer Hand drückt er eine Taste während er mit der anderen am Synthesizer dreht. Aus den Boxen im Dortmunder Domicil kommen Geräusche, die stark an einen Dschungel erinnern. Doch eigentlich spielt der gebürtige Dortmunder gar nicht so gerne in seiner Heimatstadt. „Hier kennen mich die meisten nur als Jazz-Musiker“, erzählt Wanning. Denn er ist an diesem Abend alleine für die Musik verantwortlich. Sonst stehe er zusammen mit seiner Frau Gilda Razani als Duo „About Aphrodite“ im Rampenlicht. Razani spielt eigentlich Saxophon zu den elektronischen Klängen. „Das ist heute allerdings aus Platzgründen nicht möglich“, erklärt er das Fehlen seiner Frau. In der Tat ist es eng im Domicil. Die Technik ist am Eingang aufgebaut, so dass auch die Möglichkeit bestanden hätte, die Türen zu öffnen und die Lautsprecher nach draußen zu drehen. „Aber das Wetter hat nicht mitgemacht“, bedauert Waldo Riedl, Geschäftsführer des Domicil die geschlossenen Fensterfronten der Bar. Doch trotz des schlechten Wetters ist die Bar gut besucht. Die Gäste bekommen eine Mischung aus EBM und Techno zu hören. „Ich habe einen künstlerischen Anspruch an meine Musik. Das ist meine zweite Natur“, so Wanning weiter. Deshalb improvisiere er viel mit verschiedenen Soundelementen. Das ist hörbar. Das erste Set beginnt mit einer Mischung Klängen, die an einen Urwald erinnern. Geschickt blendet er alte Soundelemente aus und lässt neue langsam lauter werden. Dadurch wird der Hörer von den Klängen nach und nach in die in die immer hektischer werdende Welt der Zivilisation geleitet. Alles im Techno/-Trance Style natürlich. Nach gut 30 Minuten ist das erste Set vorbei. Es folgt eine Pause. Auch der zweite Teil des Abends hat eine Länge von etwa 30 Minuten. Dieser zeigt noch mehr Facetten, als der erste. So wird der Sound nach und härter. Er erinnert inzwischen an Clubatmosphäre. Dabei bleibt die Musik jedoch tanzbar. Auch ist eine weibliche Stimme zu hören, die nicht verständliche Worte singt. So ganz ohne Jazz geht es doch nicht. Denn in diesem Teil der Reise sind vermehrt Elemente aus Jazz und Rock zu hören. Allerdings dominieren Drum ’n’ Bass den Sound. Geschickt blendet Wanning den Sound nach Ende des Sets aus. Das Publikum applaudiert, als Wanning sein Programm beendet.
Wie er zu den Summersessions gekommen sei? „Ich wurde angefragt und habe zugesagt“, erzählt Wanning. Nach der Sommerpause seien die Summersessions laut Riedl ein guter Startschuss in die nächste Saison. „Damit zeigen wir: Wir sind wieder da“, sagt der Geschäftsführer weiter. Es handele sich sozusagen um ein Warm-Up, bevor es wieder mit Live-Musik im Saal losgehe. Doch es ist nicht der erste Startschuss in dieser Art. „Wir haben das bereits drei oder viermal nach den Betriebsferien gemacht“, erklärt Riedl weiter. Unbekannte Musiker bekommen eine Chance, Live spielen zu können. So steht jeden Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag ein anderer Künstler im Mittelpunkt und kann sich neue Hörer erspielen. Dabei werden unterschiedliche Genres angeboten. Von Pop bis Rock über Techno bis Akustik ist für jeden etwas dabei. „Die Summersessions gehen noch bis zum 2. September“, sagt Riedl abschließend.
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