Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31

12.607 Beiträge zu
3.830 Filmen im Forum

Foto (Ausschnitt): Murat Surat (Gaye Su Akyol am 2.4.2023 in Moers)

Der Sound von Istanbul

18. August 2025

Gaye Su Akyol im Landschaftspark Duisburg-Nord – Musik 08/25

Immer wieder herrlich, wenn Folk und Rock verschmelzen: der Folk hat die Melodien und die Geschichte(n), der Rock die Energie. Fairport Convention elektrifizierten in den 70ern den britischen Folk, die Waterboys in den 80ern den irischen – eine neue irische Generation um die Dubliner Band Lankum erklimmt gerade das nächste Level. Bands wie Altin Gün, Derya Yildirim & Grup Simsek oder Engin bringen türkische Sounds oder Elemente auf den Dancefloor. Eine stilbildende und führende Musikerin in diesem Bereich ist die 40jährige Istanbulerin Gaye Su Akyol, die am 29. August bei der Ruhrtriennale in Duisburg zu Gast ist.

Das moderne Istanbul verkörpert für Akyol den Lebensspirit, der sich nicht von religiös grundiertem Autoritarismus unterdrücken lässt. Sie selbst kritisiert die Regierung klugerweise subtil in ihren Texten; live ist sie in ihren Zwischenmoderationen expliziter. Dabei bringt sie das Kunststück fertig, Milieus, die sich gerne aufeinander beziehen, aber selten begegnen, zusammenzuführen: biodeutsche Indie-Musikfans wie ausgelassen tanzende, textsichere Deutschtürkinnen und -türken.

Ihre Musik verquirlt traditionell-orientalisch anmutende Melodien und Motive mit krachendem elektrischem Rocksound. Die Bandmitglieder spielen maskiert, ganz in der Tradition der lateinamerikanischen psychedelischen Surfgitarrenmusik. Der zweite Strang, auf den sich Su Akyols Band lustvoll bezieht, ist der anatolisch-psychedelische Rock aus den 70ern/80ern.

„Der anatolische Drache“ (so der übersetzte Titel des letzten Albums, „Anadolu Ejderi“) befreit sich aber nicht nur aus Genrefesseln. „In einem Land, in dem selbst sich zu verlieben ein Luxus und eine politische Haltung sein kann“ (Gaye Su Akyol im Begleittext zu ihrem Album) ist die Befreiung stets auch eine körperliche. Ihre Musik, ihre rauchig-warme Stimme und ihre Performance wirken exakt so, wie sie sie in ihren Konzerten selbst bezeichnet: „rebellisch, sexy und revolutionär“. Gaye Su Akyol steckt an mit dieser musikalisch-rebellischen Energie und zeigt Körper und Kunst im Wortsinn: unverschämt. „Herrschaft ist die Monopolisierung des Genusses“ (Leo Kofler). Nicht mit uns.

Ruhrtriennale: Gaye Su Akyol | Fr 29.8. 20 Uhr | Landschaftspark Duisburg-Nord (Gießhalle; halboffen, nicht bestuhlt) | www.ruhrtriennale.de

Frank Schwarzberg

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Neue Kinofilme

Das Kanu des Manitu

Lesen Sie dazu auch:

Transkulturelles Fest
„Último Helecho“ auf PACT Zollverein in Essen

Aus anderer Sicht
„Cycles of My Being/Save the Boys“ in Bochum – Klassik an der Ruhr 08/25

Schnöde Technik oder Magie?
„Oracle“ bei der Ruhrtriennale – Prolog 07/25

Orte mit Bedeutung
Zur Ruhrtriennale: Berlinde De Bruyckere in Bochum – kunst & gut 09/24

Keine Spur von Rechtsruck
Die Ruhrtriennale 2024 in Bochum, Duisburg und Essen – Prolog 07/24

Alptraum ohne Ausweg
Ruhrtriennale: Leoš Janáčeks „Aus einem Totenhaus“ in Bochum – Oper 09/23

Gitarrengewitter im Landschaftspark
Anna Calvi bei der Ruhrtriennale – Musik 08/23

Dem Horror entfliehen
„The Visitors“ bei der Ruhrtriennale – Tanz an der Ruhr 09/23

Monumentales Werk
„Das große Abend- und Morgenlob“ in Dortmund – Klassik an der Ruhr 08/23

Kontrollverlust und Lüste
Zwei „hemmungslose“ Schauspiele bei der Ruhrtriennale – Prolog 08/23

Von guten und bösen Geistern
Ruhrtriennale 2023 an div. Orten im Ruhrgebiet – Prolog 06/23

Tanzbein und Tiger
Julian Rosefeldts „Euphoria“ bei der Ruhrtriennale – Festival 09/22

Musik.