So viele braune Pferde. Was hat sich diese junge neue Band aus dem englischen Norwich nur dabei gedacht, sich Brown Horse zu nennen? Fast nur Pferde erschienen noch vor einem Jahr bei der Google-Suche. Zwischendrin versteckten sich zwei Treffer zu ihrem Debütalbum „Reservoir“. Mit „All The Right Weaknesses“ hat die Band jetzt ein zweites Album draußen, mit dem sie am 31. Oktober in der Haldern Pop Bar zu hören ist. Mittlerweile hat sie auch die Pferde in der Suchmaschinen-Hitliste überholt. Weiß doch eh jeder, wie die aussehen. Und wie klingen sie?
Frisch. Spontan. Laut. Direkt. Es fühlt sich zum Fenster-und-Türen-Aufreißen befreiend an. Brown Horse sind eine Rockband, die sich hemmungslos bei Folk, Country und Blues bedient. Das Ganze rühren sie zu ihrer ganz eigenen „Wall of Sound“ (sprich: Klangwand) zusammen, die die eh schon starken Songideen wirbelnd antreibt wie die Welle den Surfer.
Diesen direkten Sound gab es schon mal in einem anderen Genre, beim frühen Elvis Costello und seiner Band The Attractions. Pete Thomas‘ Bass, Elvis Costellos Kehle und die angriffslustigen Texte und Melodien – auf eine andere, melancholischere Art findet sich diese Melange bei Brown Horse wieder, im Bassspiel von Nyle Holihan und dem auffälligen Gesang von Patrick Turner. Turners Stimme erhält durch seinen gepresst-bebenden Gesangsstil (Adrianne Lenker gekreuzt mit Tracy Chapman) einen dringlichen Groove, der ähnlich wie bei Costello früher in den Gesamtsound eingestanzt wirkt. Der songdienliche und atmosphärische Einsatz der Folk-Instrumente Banjo und Akkordeon, Fiddle und Lap Steel sorgt für Frische und Wehmut zugleich.
Denn diese Songs sind traurig. „The good times passed and never did they ever really / Stop to say goodbye“ (übers.: Die guten Zeiten sind vorbei, und sie haben noch nicht einmal richtig tschüss gesagt) heißt es in „Reservoir“, von Lap Steel-Gitarristin Emma Tovell geschrieben und mit Sprachbildern versehen, die Trostlosigkeit und Verlorenheit ausdrücken. Die Musik haben Brown Horse im Kollektiv geschrieben. Es wirkt, als entwickelten sich die Stücke beim Spielen. Melancholie kann hymnisch sein; man schwingt und singt mit. Und bekommt, wenn man die Platten mindestens zweimal durchgehört hat, Lust auf Neil Youngs „On the Beach“ (1974), die frühen Cowboy Junkies, Wilcos „Being There“ (1996), Jason Molinas (aka Songs:Ohia) „Magnolia Electric Co.“ (2003) und Big Thiefs „Dragon New Warm Mountain I Believe in You“ (2022) – Musik, die ähnlich unverbraucht und unmittelbar wirkt wie die von Brown Horse. (Ohrstöpsel mitführen!)
Brown Horse | Fr 31.10. 21 Uhr | Haldern Pop Bar, Rees-Haldern | haldernpop.com/popbar/
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