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Łukasz Twarkowski
Foto: Beatrice Borgers

Schnöde Technik oder Magie?

21. Juli 2025

„Oracle“ bei der Ruhrtriennale – Prolog 07/25

Los, geht in euch! Wer ist oder war Alan Turing? Einer der Geister, die in Programmen zufällige Codesegmente gruppieren und unerwartete Protokolle formen? Nein, obwohl er Mitte des vergangenen Jahrhunderts für diese Idee eines möglichen Computerbewusstseins sicher empfänglich gewesen wäre. Auch KI hätte den britischen Mathematiker wohl nicht aus den Socken gehauen. Denn Turing war Logiker, Kryptoanalytiker, Informatiker – und einer der „Väter“ der theoretischen Grundlagen unserer modernen Computertechnologie. Das Problem: Weil er homosexuell war, damals in „Great Britain“ noch strafbar, wurde er zur chemischen Kastration verurteilt. Zwei Jahre später starb er, vermutlich durch Selbstmord.

Die Ruhrtriennale zeigt in der neuen Spielzeit das multimediale Stück „Oracle“ über den britischen Genius, die zeitgenössische KI und die dunkle Seele der Technik. So hievt der polnische Multimedia-Künstler und Regisseur Łukasz Twarkowski Alan Turing wieder ins Rampenlicht. Der hatte bereits in den 1930er Jahren das Konzept einer universellen Rechenmaschine erarbeitet – „Flash Gordon“ (1936) kämpfte da bereits gegen den bösen Ming. Turing kämpfte später, im Zweiten Weltkrieg, erfolgreich im streng geheimen Bletchley Park gegen die Verschlüsselungsmaschine der Nazis, die Enigma. Einen Orden bekam er dafür nicht, erst 2009 würdigte ein britischer Premier seine „außerordentliche Verdienste“ – eine Rehabilitation seines „Vergehens“ wurde zwei Jahre später allerdings noch abgelehnt. Allzu bit-technisch wird die Produktion bei der Ruhrtriennale wohl nicht: In der Kraftzentrale im Duisburger Landschaftspark Nord gibt es immersive Klanglandschaften und filmische Projektionen zum Nachkriegsengland. Vielleicht stellt sich bei den Zuschauern die Frage, ob sich die neueste Technik überhaupt noch von Magie unterscheiden lässt. Und ob die KI-Maschinen nicht längst intelligenter sind als sie. Auch dafür hat Turing einen Test: Eine Maschine gilt als „intelligent“, wenn wir sie im Gespräch nicht mehr von einem Menschen unterscheiden können. Das kann uns ja heute bereits passieren.

Oracle | 28. (P), 29., 30., 31.8., 2.9. | Kraftzentrale, Landschaftspark Duisburg-Nord | www.ruhrtriennale.de

Peter Ortmann

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