Lange Arbeitstage mit stickiger Luft, schlechtem Kaffee und sinnlosen Dialogen hat es auch in der Swing-Ära der 20er und 30er Jahre gegeben. Solcherlei Beschwerlichkeiten ließen und lassen sich mit Musik von Duke Ellington, Cole Porter, Irving Berlin, Fats Waller oder George Gershwin lindern. Das dürfen wie jeden September auch in diesem Jahr jene erfahren, die zu Hause nicht eben viel Swing hören: Chris Hopkins geht mit seinem Format Piano Duo wieder auf Tour, diesmal mit Ulf Johansson Werre aus Schweden.
Die beiden gehören zum weltweit kleinen Kreis an Pianisten, der den rhythmischen und treibenden Harlem Stride-Stil beherrscht und pflegt: perkussive Läufe mit links und tänzelndes Improvisieren rechts. Der 53-jährige Hopkins wurde in Princeton (New Jersey) geboren, lebt in Bochum und genießt, nicht nur hier, Kultstatus. Er ist mehrfach preisgekrönt und tritt weltweit auf.
Bei Piano Duo sitzen Hopkins und sein jeweiliger Partner einander an zwei Flügeln gegenüber, wechseln durch Blickkontakt in Führung und Begleitung. Vermutlich versinkt Hopkins wie üblich selbstvergessen in seinem Spiel. Er kann sowohl rhythmisch-perkussiv als auch leicht und weich anschlagen, seine Klaviersprache ist aber immer rund, beschwingt, federnd. Auf seinen Partner Werre dürfte er sich verlassen können.
Hopkins (und sicherlich auch Werre) ist sich seines Könnens bewusst und doch bescheiden. Das macht sympathisch – genauso wie die von ihm bekannten launigen Ansagen. Ob die beiden wohl wieder „Moten Swing“ von Count Basie im Gepäck haben? Vor einigen Jahren moderierte Hopkins an, dass Basie die Stücke im Jazz mit den wenigsten Noten niedergeschrieben habe. Dann demonstrierte er mit seinem damaligen Duettpartner Bernd Lhotzky die große Kunst des Weglassens. Wahnsinn, wie „Moten Swing“ in den Zwischenräumen vibrierte und Filme im Kopf entstehen ließ!
Die Tour führt die beiden durch Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln, Münster und Wuppertal. Bei ihren Konzerten werden sie den einen oder anderen Zuhörer sicherlich zum Schnippen und Träumen bewegen, vielleicht vom Tanzen. Zum Tanzen ist diese Musik ja mal gedacht gewesen. Der nächste Arbeitstag? Ernsthaft? Na gut: beschwingt.
Chris Hopkins Meets His Piano Friends feat. Ulf Johansson Werre | 12.-21.9. | div. Orte in NRW | hopkinsjazz.com
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