Angelika Trojnarski gehört zu den interessantesten Künstlern ihrer Generation. Sie ist Malerin, aber Malerei ist nur eines der Medien, in denen sie arbeitet. Sie baut skulpturale Konstruktionen, fotografiert, erstellt Collagen und zeigt Bildprojektionen. Durchgängig handeln ihre Motive von Vergänglichkeit und Zerstörung, von den Spuren nach einer Katastrophe, die selbst verschuldet ist.
Die Orte ihrer Fotografien sind verwaist und leer geräumt. Ihre Skulpturen stellen im modellhaften Maßstab Haus- oder Schiffsreste aus Holzresten dar. Und dann die Malereien: Von der Achterbahn eines Vergnügungsparks steht nur noch ein Skelett aus Verstrebungen; Bauwagen und Häuser wirken vernutzt in einer unwirtlichen Landschaft. Augenblicklich erhalten die Sujets symbolhafte Züge. Ein organisch geschwungener Schiffsrumpf lässt etwa an einen Drachen denken. Die Farben dieser Bilder sind fahl, verhalten sich oft zwischen Beige und Braun, die Buntheit scheint diesen Malereien mit kontrolliert heftigen Pinselhieben ausgetrieben. Menschen halten sich an den Orten dieser Malerei nicht auf. Aber die Konstruktionen weisen auf sie als Erbauer und signalisieren oft einen Fortschritt, der seine Grenzen erreicht hat und kollabiert ist.
Die Ausstellung in Gladbeck, die neben ganz neuen Malereien eine Skulptur und eine Diaprojektion umfasst, formuliert energisch die Vorbehalte gegen eine unkontrollierte Forschung. In ihrem Ausstellungstitel verweist die 1979 geborene Meisterschülerin der Kunstakademie Düsseldorf auf einen archaischen Mythos von fürchterlichen Kreaturen, vor denen man Angst haben muss – der technische Fortschritt ist nun das Monster heutiger Tage. Für ihre Malerei ziemlich neu ist das Entleerte des Bildgrundes. Im Bildzentrum „schwebt“ das Motiv und wirkt hier wie ein Emblem. Einzelne Farbsetzungen, etwa ein lichtes Grün, sind transparent wie Kristalle und tragen doch etwas Aggressives. Vergangenheit und Zukunft, Ursprung und Utopie, Natur und technoide Künstlichkeit: Das sind die Pole, die Angelika Trojnarski zusammenführt, und zwar für den heutigen Tag, in der Gegenwart.
„Angelika J. Trojnarski – HC SVNT DRACONES“ I bis 1. November I Neue Galerie Gladbeck I www.neue-galerie-gladbeck.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Natur in Unruhe
Miriam Vlaming in der Neuen Galerie Gladbeck
Spuren und Ahnungen
Stefan Müller und Viola Relle im Dialog in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 04/24
Erste Berührungen
Die Malerei von Vivian Greven in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 03/23
Erinnerungen, die sich formen
Melike Kara in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 12/22
Die Ironie der sichtbaren Dinge
Justine Otto in der Neuen Galerie Gladbeck
Malerei und Plastik vereint
Justine Otto in der Galerie Gladbeck
Zwischen Welten
Simone Lucas in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 07/21
Menschen in Räumen
Tim Eitel in der Neuen Galerie Gladbeck – Kunst in NRW 04/21
Die Räume der Bilder
Candida Höfer in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 10/20
Malerei aus Skulptur
Thomas Scheibitz in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 03/20
Für die Malerei
Sven Kroner in Gladbeck – Ruhrkunst 01/20
Gegenwart und Geschichte
Jüngste Bilder von Helena Parada Kim in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 03/19
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24