Sebastian23 und Jan Philipp Zymny sind eigentlich nicht zwangsläufig dafür bekannt, musikalische Talente zu präsentieren. Beide kommen aus der Poeterey, genauer gesagt vom Poetry-Slam. Auf diesem Gebiet gehören sie zu den Besten und Bekanntesten in Deutschland. Wenn die beiden Poeten jedoch nicht selbst mit Worten jonglieren, dann fungieren sie auch gerne als Gastgeber für Lesebühnen, Poetry- oder eben auch Song-Slams. Am 12.1. machte das Moderatorenduo bereits zum vierten Mal mit ihrem erfolgreichen Song-Slam im Bochumer Kugelpudel halt.
Der Ablauf eines Song-Slams gleicht dem eines Poetry-Slams: Eine Handvoll Musiker spielt nacheinander eigens komponierte Songs, die Jury bewertet via Punktetafeln und schickt die Besten ins Finale. Zwischen den Finalisten wird dann per Applausbarometer entschieden. Am vergangenen Sonntag buhlten vier Slammer und Slammerinnen um die Gunst des Publikums. Doch bevor es in der quitschbunten Eisdiele (inklusive psychedelischem Wandteppich mit Hirschmotiv) musikalisch wurde, gab sich erst einmal U20-Poetry-Slam-Meisterin Fee die Ehre. Die gebürtige Münchnerin ist neu im Pott und nahm diesen Umstand zum Anlass, den Zuschauern das in ihrer Heimat erfolgreiche Format „Germanys Next Topmodel“ näher zu bringen.
Verpackt in einer Mischung aus Poetry-Vortrag und Improtheater, versetzte sich Fee in die Lage einer „GMT“-Kandidatin und berichtete dankbar und zufrieden von echten „Freunden fürs Fernsehen“, „Quoten-Homos“ und der Erkenntnis, dass Mädchen ohne Modelmaße mindestens zweitklassig sind und daher niemals in den Genuss einer doch so erstrebenswerten, öffentlichen Erniedrigung kommen werden. Das Publikum, halb Bier trinkend, halb Eis naschend, fand das kleinkünstlerische Warm-Up trotz des mittlerweile überparodierten Themas mehr als köstlich.
Danach griffen dann die Musiker zu ihren Gitarren. Alex startete und machte direkt klar, dass die Konkurrenz schon sehr stark sein musste, um an diesem Abend an seinen gefühlvollen Folk-Pop-Songs vorbeizukommen. „Der klingt wie Ben Howard“, tönte es aus den ersten Sitzreihen. Ein weiterer Pluspunkt: Seine sympathische Verwirrtheit, die sich mal in Schüchternheit, mal in humoristischem Talent äußerte. Jana aus Essen erwies sich in der Folge als echte Rockröhre, hatte aber genau wie Jan aus Wuppertal das Nachsehen. Letzterer beraubte sich vor allem durch eigene Textunsicherheit seiner Chancen auf das Finale. Finalgegnerin wurde schließlich Klara, die mit sauberem Gitarrenspiel und kompaktem Songwriting überzeugte. Dass sie erst vier eigene Songs geschrieben und bisher nur wenig Erfahrung gesammelt hat, merkte man Songs wie „Falling Brick“ nicht an. Vielmehr wünschte man sich derartig runden Gitarrenpop wieder ins heutige Radioprogramm zurück.
Nach der Pause wärmte Fee erneut auf, indem sie mit einer abgewandelten Opernarie überraschte, ehe sich Klara schließlich im Finale gegen Alex geschlagen geben musste. Erneut punktete der junge Songschreiber mit seinem großen stimmlichen Talent und seiner selbstironischen Art, mit welcher er schließlich den begehrten Gewinner-Pokal in Form eines tanzenden Spielzeugroboters erbeuten konnte.
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