Ein etwas ungleiches Paar, was sich da zusammen auf Tour begeben hat: Düsenjäger, die wiedervereinte Referenz in Sachen schlauer Punkrock mit deutschen Texten und Countdown To Armageddon aus den USA, eine kompromisslos klingende Band zwischen Crust und Post-Punk ohne großen Hang zur Eingängigkeit. Doch die Bands aus Seattle und Osnabrück meinen es ernst miteinander, haben sie doch sogar eine Split mit jeweils einem neuen Song für ihre Tour zusammengeschustert.
Beim dritten Konzert im autonomen Zentrum Mülheim überließen Düsenjäger ihren Kollegen aus den Staaten sogar den späteren Slot und eröffneten den Abend gegen 21 Uhr. Dabei dürfte den ersten Song kaum jemand zu Ohren bekommen haben, da sich das gut 40 Menschen starke Publikum zu jener Zeit noch im Kneipenbereich oder an der frischen Luft befand. Als dann aber jeder mitbekommen hatte, dass Düsenjäger zum gewohnten Hitfeuerwerk ansetzten, füllte sich der Raum recht schnell und die ersten mitsingenden Kehlen ließen nicht lange auf sich warten. Passend zum Wochentag zogen die vier gutgelaunten Piloten überraschend schnell einen ihrer besten Joker. „Everyday Is Like Monday“, eingängig wie „Würfelzucker“ wie es auch im Song heißt, ließ die Anwesenden für drei Minuten vergessen, dass das Wochenende noch in weiter Ferne lag. Egal ob alte Stücke wie „Tobi kann“ vom ersten Longplayer „Las Palmas, Ok“, neue Lieder der letzten EP „Leben. Lieben. Sterben“ oder Dauerhits wie „Per Anhalter“ vom Kritikerliebling „Schimmern“ – Düsenjäger sind eine souveräne Live-Band und waren auch an diesem Abend über jeden Zweifel erhaben. Band und Publikum gingen nach gut 40 Minuten mit einem Grinsen in die Umbaupause. Übrigens: Auch der brandneue Split-Song „Fass ohne Boden“ fand den Weg ins Set und unterstrich einmal mehr, dass Bands wie EA80 wichtig für die musikalische Sozialisation der Band gewesen zu sein scheinen.

Für die meisten im Raum waren Countdown To Armageddon ein unbeschriebenes Blatt. Die meisten Musikfreunde waren an diesem Abend zweifelsohne für Düsenjäger angereist, trotzdem konnte man erfreulicherweise kaum Publikumsschwund feststellen, als das Trio aus Seattle die Bühne betrat. Schnell wurde klar, wo die Reise musikalisch hingehen sollte und vorallem wo sie nicht hinging: Hatte man sich vorher in melodischen Gitarren der sympathisch normal ausschauenden Mittdreißiger aus Osnabrück gesult, bekam man nun düstere, basslastige Rotzfladen von schwarz gekleideten Männern ins Gesicht geblasen. Countdown To Armageddon brüllten und keiften sich gut gelaunt durch ihr Set, hatten aber deutlich Mühe das Publikum für sich zu gewinnen. Dies dürfte einerseits am Stil der Band selbst und andererseits aber auch am nicht wirklich überzeugenden Songwriting gelegen haben. Die schnellen Crust-Songs verpufften und die schweren Stücke zwischen Post-Punk und Dark-Wave strotzten vor Eintönigkeit. Ein Abend zwischen altbewährten Hits und einer Prise Ernüchterung.
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