Das Arp Museum im Bahnhof Rolandseck beeindruckt durch zumeist üppige Ausstellungen, welche sich etwa der Rheinromantik und den Erscheinungen der Natur in der Kunst widmen – die Arbeiten des „Ahnherrn“ dieses Museums, Hans Arp, kennzeichnet ja schon eine organische Formensprache. Auch stellt das Arp Museum in der Kunstkammer Rau kontinuierlich Klassiker der Kunstgeschichte vor, besonders die Impressionisten, in mitunter dicht gehängten motivischen Ausstellungen … Und dann ist da der langgestreckte, nur über das Treppenhaus zugängliche Wechselausstellungsraum, in den man noch vom Bahnsteig aus blicken kann. Er stellt aktuelle Einzelpositionen auf hohem Niveau vor, die oft nüchtern wirken und leicht sperrig sind und dann zur vielleicht überraschenden Erkenntnis führen, dass man genau diese Präsentationen so schnell nicht vergisst.
Derzeit ist hier eine Installation von Florian Slotawa zu sehen, die den Umgang mit dem Raum und seiner Wahrnehmung thematisiert. Slotawa, der 1972 in Rosenheim geboren wurde, ist seit etlichen Jahren bekannt mit seinen präzise arrangierten Dingkonstellationen, die vorhandenes Mobiliar ineinander verschränken, mitunter ein surreales Moment bergen und die Lebenswelt buchstäblich auf den Kopf stellen. Mit solchen temporären Arbeiten analysiert er die jeweilige Atmosphäre des vorgefundenen Ortes. Die Vergänglichkeit der Dinge, mit denen wir uns einrichten, und die Gegenwart mit ihren Moden sind die zentralen Themen der Kunst von Florian Slotawa.
Das trifft nun auch auf seine aktuelle Arbeit im Bahnhof Rolandseck zu. Aber die dortigen Maßnahmen sind karger, konzentrierter, ja, konzeptueller als zuvor. Sie machen den Betrachter zum „echten“ Partner und lenken seine Schritte, ohne zu viel vorzugeben. Slotawa verknüpft hier verschiedene Raumbefindlichkeiten. So hat er sein Atelier in Berlin fotografiert: in kargen, konstruktivistisch organisierten Aufnahmen, welche die Räume frei von Gegenständen zeigen. 30 dieser Schwarzweiß-Fotografien sind in Rolandseck ausgestellt, und zwar teils auf Wandscheiben, die Slotawa 1:1 nach einem weiteren Gebäude, Haus Esters in Krefeld – einer wichtigen Architektur von Mies van der Rohe –, angefertigt und nun in Rolandseck implantiert hat. Damit zeigt er hier drei Modi von Raum: als Foto, Fragment und als Realraum, der vom Betrachter erfahren wird und ihm bewusste Entscheidungen in der Bewegung abverlangt. Und indem Slotawa wirklich alle dekorative Attraktivität herunterfährt und alles Spezifische auf ein Minimum reduziert, werden wir selbst zu den Protagonisten dieser Ausstellung. Raum hat sehr viel mit seiner Abwesenheit zu tun, mit der Referenz. Bei Slotawa führt dies zudem dazu, das Private des Ateliers – und im Übrigen die Geschichtlichkeit des Gebäudes, in dem er in Berlin arbeitet – nicht zu sehr an die große Glocke zu hängen. Kunst passiert im Kopf – und mit den Füßen.
„Florian Slotawa. Andere Räume“ | bis 1.4. | Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen | www.arpmuseum.org
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Appetithäppchen
Westdeutscher Künstlerbund (WKB) in Witten – Ruhrkunst 08/25
Geschichten und Gegenwart
Miriam Vlaming in der Neuen Galerie Gladbeck – kunst & gut 08/25
„Auch mal am Tresen entstanden“
Leiterin Christine Vogt über die Ausstellung zu Udo Lindenberg in der Ludwiggalerie Oberhausen – Sammlung 07/25
Realismus des Alltags
Paula Rego im Museum Folkwang in Essen – kunst & gut 07/25
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
„Der Beton ist natürlich sehr dominant“
Die Kurator:innen Gertrud Peters und Johannes Raumann zu „Human Work“ in Düsseldorf – Sammlung 07/25
Die „Zweite Schuld“ der Justiz
Ausstellung zur NS-Vergangenheit des Bundesjustizministerium im Bochumer Fritz-Bauer-Forum – Ausstellung 06/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
Gegen den Strom
Dieter Krieg im Museum Küppersmühle – kunst & gut 06/25
„Moderne Technologien werden immer relevanter“
Die Leiterin der Kunstvermittlung des ZfIL Unna, Christiane Hahn, über die neue Jahresausstellung – Sammlung 06/25
Geschichten einer Leidenschaft
Oskar Kokoschka mit den Porträts von Alma Mahler in Essen – kunst & gut 05/25
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
„Der Zweifel ist wach zu halten“
Direktor Nico Anklam über die Ausstellung der Ruhrfestspiele 2025 in der Kunsthalle Recklinghausen – Sammlung 05/25
Muster im Dunkeln
„Holding Pattern“ im Dortmunder U – Ruhrkunst 04/25
Notfalls gepunktet
Gritli Faulhaber in Essen – Ruhrkunst 04/25
Der Mensch in prekären Zeiten
„We“ im Kunstmuseum Mülheim – kunst & gut 04/25
„Was Handwerk und was Kunst ist“
Co-Kurator Markus Heinzelmann über „Das halbe Leben“ im Bochumer Museum unter Tage – Sammlung 04/25
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
„Alle Intelligenz ist künstlich“
Co-Kurator Tom McCarthy über die Ausstellung „Holding Pattern“ im Dortmunder HMKV – Sammlung 03/25
Einzelkämpfer auf ungesichertem Terrain
Herbert Zangs im Emil Schumacher Museum in Hagen – kunst & gut 03/25
Facetten einer Legende
Siegfried Anzinger im Museum Küppersmühle in Duisburg – kunst & gut 02/25