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Der Gabelstapler als Liebeskutsche
Foto: Birgit Hupfeld

Triebe sind stärker als Besitz

26. Mai 2011

Lorcas "Bluthochzeit“ am Theater Dortmund - Theater Ruhr 06/11

Ein Gabelstapler galoppiert durch die Nacht. Es ist der arme Leonardo, der seine Geliebte verloren hat, der nicht mithalten konnte im Hochzeitsreigen der Großgrundbesitzer, der als Ersatz die Cousine heiratet, am Ende sein Leben lässt und dennoch die grausamen Rituale von Unterdrückung und Zwangsverheiratung nicht aufhalten kann. Im Dortmunder Schauspielhaus inszeniert Paolo Magelli Frederico García Lorcas "Bluthochzeit" als eine nackte Tragödie um Schuld und Ehre, als eine Schlacht zwischen Eros und Macht.

Zu Beginn liegen die Mutter und der Bräutigam unterm niedrigen Aludeckendach, trotz Weingut ist ihre Welt durch wechselnde Blutschulden sehr klein geworden. Durch eine Heirat mit der Tochter eines reichen Nachbarn soll dieser Zustand wieder verbessert werden. Der letzte Sohn muss als Pfand für eine Zukunft herhalten, die durch Messer zerstört wurde. Die Mutter gibt dieser Waffe die Schuld, aber eigentlich ist es ein frei gewählter Ehrenkodex, der die Männerreihen lichtet und Frauen zu Witwen macht. Liebe hat in dieser Welt wenig zu suchen, die Braut hat dies widerwillig akzeptiert, war sehr jung und wohl heimlich drei Jahre mit dem armen Leonardo verlobt, doch der kann sich bei Magelli nicht einmal ein Pferd leisten und muss mit dem Stapelgerät durch die Gegend rollen. Der Italiener reduziert Lorcas "Bluthochzeit" auf Kernbilder, die die wahren Ursachen der Tragödie aufzeigen, den Stoff in eine surreale Nichtwelt verlegen, die aber manchmal auch weit von der tödlichen Magie dieser Blutfehden entfernt sind. Leonardos Frau muss schon die Röcke heben, um ihren Mann kurzzeitig bei Stange zu halten, der Vater der Braut vernascht die Magd, doch heiraten würde er sie nie. Das endet alles in einer großen Orgie bei der Hochzeit, wo die Schauspieler nackt über die Bühne kopulieren, um dann erschöpft mit dem Wasserschlauch abgespritzt werden.

Dieses erotische Element ist sehr dominant in der schrillen Choreografie Magellis, das wunderbare Bild der beiden Liebenden kopfüber auf dem Gabelstapler, die noch versuchen mit Sprache die Zeit zu dehnen kann dem leider nicht standhalten.

„Bluthochzeit“ von Federico García Lorca I R: Paolo Magelli I Theater Dortmund

So 5.6., 18 Uhr, Fr 17.6. 19.30 Uhr I 0231 502 72 22

PETER ORTMANN

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