Pierre berichtet über Krieg und große Politik, historische Skandale und mächtige Männer – und ganz bestimmt nicht über die Frau gewordene Verblödungs-Maschinerie der Fernsehunterhaltung, über Soap-Sternchen Katja.
Findet Pierre, sieht sein Redakteur aber anders. So muss er den Bericht über die Kabinettsumbildung ausfallen lassen und sich mit eben jener Katja zum Interview treffen. Die hält umgekehrt genau so wenig von dem arroganten Polit-Journalisten – ist aber bei weitem nicht so dumm, wie dieser denkt. Ganz im Gegenteil: Das Interview, das beide eigentlich nur möglichst schnell hinter sich bringen wollen, wächst zur Wortschlacht zweier Medienprofis aus – er als Meister des Hinterfragens, sie als Königin der Inszenierung.
„Das Interview" (2003), der vorletzte Film des niederländischen Regisseurs Theo van Gogh, war mit nur 8000 Besuchern ein Flop an den Kinokassen. Dass das nichts zu bedeuten hat, weiß der Filmfan sowieso – aber auch das Theater Dortmund, wo der Stoff unter der Regie von Maximilian Lindemann nun auf die Bühne gebracht wird. Die Rollen der einzigen Protagonisten in diesem Kammerspiel der Medienmenschen übernehmen Carlos Lobo und Merle Wasmuth. Premiere feiert das Stück am Freitag (21. 10.), und ist dann wieder tags drauf (22. 10.) zu sehen. Beginn: je um 19.30 Uhr.
Weniger ist mehr – das gilt auch auf Theaterbühnen, zumal auf den kleineren, die ständig die Herausforderung bewältigen, große Geschichten mit wenigen Mitteln zu inszenieren. Zum Beispiel Klassiker wie Kleists „Penthesilea" mit nur einer Schauspielerin und fünf Kassettenrekordern. Agnes Decker und Regisseur Moritz Peters gehen dieses Wagnis ein – im Bochumer Rottstr5 Theater können wir sehen und hören, wie die „Hundekomödie" über „Helden und Köter und Frauen" (Zitat: Kleist selbst) auch mit wenigen Mitteln funktioniert.
Es geht um das Volk der Amazonen, Kriegerfrauen und Männerfantasie, die das andere Geschlecht unterwerfen und sich nehmen, was sie für nötig halten – zwecks Paarung und Vergnügen. Gefühle und zärtliche Bindungen sind da natürlich tabu und kaum möglich, so nah wie Eros und Thanatos bei den erotischen Eroberungsfeldzügen beieinander liegen. Dass genau dies zum Problem wird zwischen Penthesilea und Achill, bringt das Drama ins Rollen. Die Reise an die Wurzeln dieses verzwickten Triebschicksals beginnt am Samstag (22. 10.) um 19.30 Uhr.
Das Interview | R: Maximilian Lindemann | Fr 21., 22.10. 19.30 Uhr | Theater Dortmund | www.theaterdo.de
Penthesilea | R: Moritz Peters | Sa 22.10. 19.30 Uhr | Rottstr5 Theater Bochum | www.rottstr5-theater.de
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