Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
27 28 29 30 31 1 2
3 4 5 6 7 8 9

12.514 Beiträge zu
3.758 Filmen im Forum

Ekkehard Freye spielt den Namensgeber des Stücks: Onkel Wanja
Foto: David Uzochukwu

Lug und Trug und göttliche Rettung

06. März 2023

„Onkel Wanja“, „Orestes“ und „Dantons Tod“ – Prolog 03/23

April April, der macht, was er will. Hier ein Scherz, da ein Unglück. Viele Legenden erzählen von Luzifer oder Judas Ischariot. Ihre Geschichten ranken sich immer um den Ersten des Monats, der deshalb auch ein echter Dies ater (lat. für „schwarzer Tag“) sein soll, an dem auch gehandelt und geneckt werden kann. Handlung als solche bestimmt also auch immer das Sein. Auf eine mögliche Spitze getrieben ist das in „Onkel Wanja“ von Anton Tschechow, eine Tragikomödie in der es um Pflichtbewusstsein, ausschweifenden Lebensstil und unerfüllte Liebe auf einem Landgut in Russland im 19. Jahrhundert geht. Am Theater in Dortmund inszeniert das der Londoner Rikki Henry unter der Prämisse: „Wie soll man leben?“. Diese existenzielle Frage nach dem Sinn bleibt jedoch ungeklärt: Iwán Petrówitsch Wojnízkij (Onkel Wanja, gespielt von Ekkehard Freye) verwaltet gekonnt das Gut seiner verstorbenen Schwester. Der Profit wandert an seinen Schwager, den Kunstprofessor Serebrjaków, und somit an den eigentlichen Schweinehund im familiären System aus Betrug, Schuld und Lüge, der dabei auch noch gut wegkommt (1. (P) 19.30 Uhr & 16.4. 18 Uhr, Theater Dortmund).

Schuld und Lüge sind auch die Keywords im Bochumer Prinz Regent Theater, wo die Studierenden der Regie an der Essener Folkwang Universität der Künste einen Doppelabend inszenieren (10. (P), 11., 12., 13.3., Prinz Regent Theater Bochum). Der beginnt mit „Orestes“ nach Euripides. In der selten gespielten Tragödie geht es um Mord und Totschlag und um die Frage, ob es bei der Tötung der eigenen Mutter Klytaimnestra und deren Mann Aigisthos eher um Tyrannenbefreiung oder um schlichten Terrorismus geht. Denn obwohl zum Tode verurteilt, geht die Gewalt der beiden Geschwister Orestes und Elektra weiter, die natürlich auch eine interessante Vorgeschichte haben. Ob am Schluss wieder der göttliche Apoll auftaucht, bleibt abzuwarten.

Uns hilft kein Gott, unsere Welt zu erhalten (Der blaue Planet, Karat, 1982). Das haben sich damals auch die Protagonisten der Französischen Revolution gedacht und das Land ins blutige Chaos gestürzt. In „Dantons Tod“ nach Georg Büchner – dem zweiten Stück der Essener Nachwuchs-Regisseure – stehen sich Freunde irgendwann als Feinde gegenüber – die Revolution frisst nun einmal immer ihre Kinder. Auch hier geht es um die Prämisse: „Wie soll man leben?“. Und wer das bestimmt, ist nicht immer der Richtige. Die Wahrheit bleibt dabei auf der Strecke.

Peter Ortmann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Manta Manta – Zwoter Teil

Lesen Sie dazu auch:

Show und Bedeutung
„Nixon in China“ am Theater Dortmund – Theater Ruhr 03/23

Tanz mit einer toxischen Zwiebel
„Peer Gynt“ am Opernhaus Dortmund – Auftritt 03/23

Widerstand ist immer machbar
Januar-Programm der Freien Theater im Ruhrgebiet – Prolog 01/23

Liebe in Zeiten des NSU-Terrors
„Das Herz liegt begraben“ im Theater Dortmund – Bühne 09/22

The Return of Tragedy
Theater im Ruhrgebiet eröffnen die neue Spielzeit – Prolog 09/22

„Die Urwut ist ein Motor des Menschen“
Jessica Weisskirchen über ihre Inszenierung des „Woyzeck“ – Premiere 09/22

„Aufklärerisch mit großem Unterhaltungswert“
Regisseur Peter Konwitschny über seine Arbeit am „Ring des Nibelungen“ – Interview 07/22

Gewalt gegen Natur und Liebe
Peter Konwitschny eröffnet mit „Die Walküre“ den Dortmunder „Ring“ – Oper 06/22

Der Klang der Straße
„Nordstadtoper“ in Dortmund – Oper in NRW 06/22

Der gefährliche Riss in der Psyche
„Die tonight, live forever oder das Prinzip Nosferatu“ am Theater Dortmund – Theater Ruhr 04/22

Ballett der Spitzenklasse
„New London Moves“ in Dortmund

Nicht nur zugucken
Interaktive Improvisation am Theater Dortmund

Bühne.

Hier erscheint die Aufforderung!