Tiere, Flut und göttliche Rettung. Das hört sich erst einmal harmlos an. Die alte Sage heißt „Arche Noah“. Und so heißt auch eine Ausstellung, Untertitel: „über Tier und Mensch in der Kunst“, in Dortmund. Wer denkt da dennoch nicht an den armenischen Berg Ararat und an den bärtigen Holzbauexperten aus der Bibel? Die Schau im Ostwall-Museum fängt auch dementsprechend harmlos an. Gleich am Eingang hängt August Mackes Triptychon „Großer Zoologischer Garten“ von 1913. Dazu zwei der drei bekannten Vorzeichnungen. Der Ausstellungs-Raum öffnet sich labyrinthisch und birgt Ungeheuerliches. Neben dem schicken Darkroom, eine Arbeit von Künstler Mark Dion und des Naturkundemuseums, hier kann man mit Stabtaschenlampen wie Indiana Jones auf Entdeckungsreise gehen, beginnt der Parcours der industriellen Produktion der tierischen Nahrungsmittel, eingewoben in eine begehbare Rauminstallation ohne Durchgang.
„Schlachthaus Berlin 1986/1989“ nennt der Fotograf Jörg Knoefel den Horror auf geschraubten Zinkwandplatten. Auch hier beginnt wieder alles harmlos, ohne Fotos, ohne Grauen, eben nur Zinkwände. Wer unvermittelt hineingerät, ohne Arg weitergeht, das Labyrinth liebtund die Geschichte von Ariadne und des Minotaurus, dem nützt auch der Wollfaden nichts, es gibt nur den Weg hinein und niemals heraus – auch für mythische Stiere. Es wird blutig, es wird eklig, erbarmungslos wird geschlachtet, gehäutet, emotionslos sortiert. Am Schluss ist die Kreatur am Haken, der Besucher bedrückt. Ja, so ein schickes Kotelett im Plastikbeutel aus dem Supermarkt hat schon eine aufsehenerregende Karriere hinter sich und der hippe Prenzlauer Berg in Berlin eine ganz neue Facette.
Aber es gibt auch andere leichter zu ertragende Hingucker in Dortmund. Auffällig Deborah Sengls „All You Can Lose“-Schweineobjekt von 2009, wo eine präparierte Sau auf einem Heimtrainer sitzt und sich die Pfunde runterschwitzt. Vergnüglich wie immer Timm Ulrichs „Wolf im Schafspelz – Schaf im Wolfspelz“ von 2005 (erst 2010 mal wieder restauriert). Die beiden Protagonisten starren sich an, der Wolf lieb und nett, das Schaf ziemlich martialisch, ich gebe zu, die „Mutation“ ist auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Das ist bei Patricia Piccininis „The Comforter“ (2010) nicht anders. Erst einmal sitzt da aus der Entfernung ein Kind mit Ferkel in der Ecke. Doch beim Näherkommen verwischen sich die Realitäten. Para-Humans nennt die australische Künstlerin ihre Mischwesen aus angenommener rekombinanter DNA. Das Kind ist ein Wolfsmädchen, wie unschwer am Fell ihrer Beine erkennbar wird. Im Arm kein Ferkel, sondern ein hybrides Wesen.
Und so geht es weiter zwischen Max Ernst und Rosemarie Trockel, zwischen selbstproduzierenden tierischen Künstlern und scheinbar schlafenden Leoparden. Am Schluss dann füllt Christiane Möbus’ „Auf dem Rücken der Tiere“ einen ganzen Saal, und nun erklärt sich auch der Ausstellungstitel. Hier tragen die Tiere lebensgroß die Arche und nicht umgekehrt. Welche christlich-ethischen Fragen das wohl aufwirft?
„Arche Noah –Über Tier und Mensch in der Kunst“ | bis 12.4. | Museum Ostwall im Dortmunder U | 0231 502 47 23
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