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Generationenkonflikt in „Dudes halten endlich die Klappe“
Foto: Johannes Gellner

Regieanweisungen fürs Patriarchat

16. Juni 2023

„Dudes halten endlich die Klappe“ beim Festival Impulse – Bühne 06/23

Es ist ein festes Ritual, das die beiden Herren da exerzieren: Rupert Lehofer und Ed. Hauswirth schlurfen auf die Bühne. Der eine hält ein Maßband an die Wand und ein Bild dran. Mit dem Bohrer schraubt er den Rahmen fest. Nun hängt an der Wand eine Fotografie. Darauf ist eine Frau abgebildet, die in enger Hose mit dem Bauch auf einem Absatz liegt, wodurch der Fokus auf ihr Gesäß gelenkt wird. Laszive, gar sexistische Darstellung? Die beiden Herren nicken zufrieden nach dieser Heimwerk-Session. Darauf stoßen sie mit einem Bier an.

Darauf ein Bier

Sahar Rahimi widmet sich im Stück „Dudes halten endlich die Klappe“, ein Gastspiel des Theaters im Bahnhof Graz im Rahmen des Impulse Festivals, jener Spezies, die oft lautstark auf sich aufmerksam macht: alte weiße Männer, die Hauswirth im braun-grün gestreiften Pulli und Lehofer im rotweiß-karierten Hemd verkörpern. Ohne nur ein Wort zu verlieren. Vielleicht haben sie sich auch nichts zu sagen. Weil alles beim Alten bleibt, das sie in Rahimis Inszenierung gleich noch mal wiederholen dürfen: Bilderrahmen auspacken, bohren, Bier herunterstürzen.

Folglich fällt an diesem Bühnenabend im FFT Düsseldorf erst ein Wort, sobald die 13-jährigen Florentina Piffl und Emilia Thelen die Bühne betreten – just, als die beiden Herren dabei sind, ihr Ritual zum dritten Mal durchzuführen. So irritieren sie die Ruhe der Wiederholung zunächst durch ihren Dialog über den Irrsinn der Macht und den Kontrollwahn des Patriarchats. Dass diese Attribute nicht unbedingt auf diese putzigen Pilspockenträger zutreffen, schwingt auch im Urteil der Mädchen mit: „niedlich“.

Ohne Worte

Hier kommentiert also die Generation Z das wortlose Treiben dieser dickbäuchigen Boomer-Prototypen, die im Miniaturmodell die Reproduktion des Bestehenden vollführt. Denn den beiden 13-Jährigen obliegt es, in der zweiten Hälfte dieser knapp einstündigen Aufführung das Treiben der Herren zu dirigieren. Ihre Regieanweisungen fordern etwa, dass die „Dudes“ sich dehnen, hüpfen oder eben das Bild quer hängen sollen. Irgendwann sollen sie auch das Bier darüber kippen. Der Ausgang muss an dieser Stelle nicht verraten werden. Die alten weißen Männer reagieren mürrisch, aber tatsächlich: Bis zum Ende halten sie die Klappe.

Impulse Theaterfestival | 8. bis 18.6. | Düsseldorf, Köln und Mülheim an der Ruhr | 0202 69 82 72 06

Benjamin Trilling

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