Olaf Kröck zitierte seine berühmte Theorieschrift gleich zu Beginn der Pressekonferenz: „Der leere Raum“, das war der Titel einer verschriftlichten Vorlesungsreihe, mit der Peter Brook eine ganze RegisseurInnen-Generationen prägte. Aktuell sind die Ideen des britischen Theatermachers noch immer. Da gehe es um Gegenwärtigkeit und Komplexität, so Kröck mit Blick auf das erste Festspiel unter seiner Intendanz: „Das Theater ist ein Ort, um zumindest im Kleinen Widerstand zu leisten.“
Vom 1. Mai bis zum 9. Juni lautet das Thema daher: „Poesie und Politik“. 90 Produktionen und 120 Veranstaltungen stehen im Programm der ersten Ruhrfestspiele nach der Zechen-Ära. „Mit dem Ende des Kohlebergbaus muss sich die Geschichte der Ruhrfestspiele auch neu erfinden“, sagte Christoph Tesche, Bürgermeister der Stadt Recklinghausen. Vieles ist also neu beim im Nackriegswinter 1946/47 ins Leben gerufenen Festival: Ablöse in der künstlerischen Leitung, frisches Logo und ein geringeres Budget. Denn die Sponsoren drehten die Zuschüsse um knapp eine Million Euro zurück.
Trotzdem konnte Olaf Kröck, der die Nachfolge von Frank Hoffmann antritt, bei der Programmpressekonferenz einige Highlights präsentierten. Darunter etwa „The Prisoner“, in dem der bereits erwähnte Peter Brook gemeinsam mit der französischen Dramatikerin Marie-Hélène Estienne ein archaisches Märchen von Schuld und Sühne erzählt. Ob der bereits 94-jährige Theaterregisseur auch zur Deutschlandpremiere am 9. Mai nach Recklinghausen anreisen wird, konnte noch nicht bestätigt werden. Ein Hotelzimmer sei reserviert, so Kröck.
Künstlerischer Auftakt des Theaterfestivals ist bereits fünf Tage vorher. Am 4. Mai lässt Regisseur Richard Gregory in der Produktion „What is the City but the people?“ hundert gecastete BürgerInnen über einen Laufsteg laufen. Im Herzen der Stadt sollen sie sich als Individuen und Mitglieder der Stadtgemeinschaft vorstellen. „Sie soll ein Zeichen sein, dass die Ruhrfestpiele die Menschen dieser Stadt mitnehmen“, sagt Kröck über die in Manchester uraufgeführte Performance.
Weitere Termine, die sich Theaterfans bereits in den Kalender eintragen können: „Das Heerlager der Heiligen“ nach Jean Raspail. In der Koproduktion mit dem Schauspiel Frankfurt verhandelt Hermann Schmidt-Rahmer, der in Bochum mit „Volksverräter“ einen Bühnenhit landete, frei nach der Romanvorlage den Ansturm einer armen, südlichen Bevölkerung auf den reichen Norden. Mit „Ein wenig Leben“ erlebt im Mai zudem die Adaption des gleichnamigen Bestsellers von Hanya Yanagihara ihre Deutschlandpremiere.
Tradition haben beim den Ruhrfestspielen auch die literarischen Lesungen mit prominenten Schauspielern. Und bekannte Gesichter werden auch in diesem Sommer für eine Lektüre zu Gast sein, darunter Caroline Peters, Dietmar Bär oder Milan Peschel. Eine neue belletristische Rubrik findet in Kooperation mit dem TV-Literaturkritiker Denis Scheck statt, der mit bekannten AutorInnen wie Georg Stefan Troller oder Herta Müller sprechen wird. Gestrichen ist dagegen ein aufwendiges Abschlusskonzert wie noch im letzten Jahr. Dafür soll es am 9. Juni eine große Party geben. Wer als DJ auflegt, steht bereits fest: Schauspieler Lars Eidinger.
Mehr Infos unter: www.ruhrfestspiele.de/programm
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