Lange Zeit muss es von der Außenwelt unbemerkt in Jugoslawien gebrodelt haben, bevor der Balkankrieg viel veränderte. Lepa Brena war damals Jugoslawiens größter Musikstar und Idol und ist es durch die Jahrzehnte bis heute quer durch die neuen Republiken geblieben. So erschuf sie einen Mythos für unerreichbare Utopien in einer ganzen Region. Das serbische Regie-Duo Vladimir Aleksić und Olga Dimitrijević spürt mit ihrem Stück „Lepa Brena Projekt“ diesem Phänomen nach und eröffnet mit viel Musik am Theater Oberhausen damit das New Stages South East-Festival in Oberhausen.
In dessen Rahmen haben in den letzten zwei Jahren junge Autor:innen aus Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Rumänien, der Republik Moldau, Serbien und Zypern Texte für ein europäisches Theater der Zukunft geschrieben. In Oberhausen werden jetzt in Kooperation mit dem Goethe-Institut elf dieser Texte in Lesungen und Werkstattinszenierungen zu hören und zu sehen sein, dazu gibt es eine Mischung aus Disco und Diskurs. Drei Gastspiele rahmen die drei interessanten Tage über die Dramatik von heute und das Schreiben fürs zeitgenössische Theater ein. Dabei geht es in den Texten natürlich nicht generell um die geopolitischen Fragen der kriegerischen Neuzeit, sondern grundsätzlich um das friedliche Zusammenleben aller Menschen jenseits aller Normen. Da setzt sich Elias Adam in „Only god can cancel me“ mit dem Leben seiner Mutter und Queerness in einer patriarchalen Gesellschaft auseinander oder Hristina Mitić in „sun scorching“ poetisch mit den Dämonen der Dunkelheit, aber es kommen auch Künstler:innen der Sinti & Roma zu Wort, deren Volksgruppen in Europa noch immer strukturell diskriminiert werden. Diese unrühmliche Thematik beschließt auch das Festival am Sonntagabend mit dem „The best Child in the World“, einem Gastspiel aus Rumänien mit der ersten Roma-Künstlerin, die am Nationaltheater Bukarest als Regisseurin gearbeitet hat. Regisseurin und Schauspielerin Alina Șerban erzählt in ihrem Stück vom beschwerten Aufwachsen als Roma, von der Zerrissenheit zwischen Herkunft und eigener „Ich-Werdung“, von dem Auspendeln zwischen Identitätsverleugnung und Rassismus. Dennoch begibt sie sich humorvoll auf die Spuren ihrer Kindheit.
New Stages South East- Festival | 20. bis 23.4 | Theater Oberhausen | theater-oberhausen.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
19 neue Standorte
KulturMonitoring in NRW wird ausgeweitet – Theater in NRW 05/25
Der Held im Schwarm
„Swimmy“ am Theater Oberhausen – Prolog 10/24
Wüste des Vergessens
„Utopia“ am Theater Oberhausen – Prolog 09/24
„Es ist ein Weg, Menschen ans Theater zu binden“
Regisseurin Anne Verena Freybott über „Der Revisor kommt nach O.“ am Theater Oberhausen – Premiere 06/24
„Zero Waste“ am Theater
Das Theater Oberhausen nimmt teil am Projekt Greenstage – Theater in NRW 06/24
Von der Straße ins Theater
„Multiversum“ am Theater Oberhausen – Prolog 04/24
Mackie im Rap-Gewand
„MC Messer“ am Theater Oberhausen – Tanz an der Ruhr 04/24
Vom Elvis zum Cowgirl
„The Legend of Georgia McBride“ am Theater Oberhausen – Prolog 02/24
„Die Geschichte wurde lange totgeschwiegen“
Ebru Tartıcı Borchers inszeniert „Serenade für Nadja“ am Theater Oberhausen – Premiere 01/24
Multiple Zukünfte, sinnlos zerstört
„Die Brücke von Mostar“ am Theater Oberhausen – Prolog 09/23
Antworten, die verschwiegen werden
„And now Hanau“ in einem Oberhausener Ratssaal – Prolog 09/23
Folgerichtiger Schritt
Urban Arts am Theater Oberhausen – Theater in NRW 08/23
Auf einem Mistkäfer zum Olymp
„Der Frieden“ am Schlosstheater Moers – Prolog 09/25
Ein großartiges Schlachten
Elfriede Jelineks „Am Königsweg / Endsieg“ in Essen – Prolog 09/25
„Es geht auch um Fake News“
Regisseurin Lola Fuchs über „Der zerbrochene Krug“ am Schauspielhaus Dortmund – Premiere 09/25
„Kreativität entsteht manchmal aus Reduktion“
Marc L. Vogler über seine Arbeit als Hauskomponist der Jungen Oper Dortmund – Interview 09/25
Ein Fake für den Nobelpreis
„Der Fall McNeal“ in Düsseldorf – Prolog 08/25
Im Körper graben
„Every-body-knows…“ auf PACT Zollverein – Tanz an der Ruhr 08/25
Supernova oder Weltfrieden
„GenZ, weine nicht“ bei der Jungen Triennale in Bochum – Prolog 08/25
„Wir brauchen sichere, offene Orte“
Ab der Spielzeit 2025/26 leitet Dramaturgin Sabine Reich das Prinz Regent Theater in Bochum – Premiere 08/25
Schnöde Technik oder Magie?
„Oracle“ bei der Ruhrtriennale – Prolog 07/25
„Eine Welt, die aus den Fugen ist“
Kulturamtsleiter Benjamin Reissenberger über das Festival Shakespeare Inside Out in Neuss – Premiere 07/25
Der verhüllte Picasso
„Lamentos“ am Opernhaus Dortmund – Tanz an der Ruhr 07/25
Von Shakespeare bis Biene Maja
Sommertheater in NRW – Prolog 06/25
Tanz als Protest
„Borda“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 06/25