Es waren wohldosierte Gesellschaftskritik und Satire, die Sebastian Hotz unter dem Pseudonym El Hotzo teilte. Auf Twitter oder Instagram mauserte sich der Schriftsteller und Podcastproduzent durch seine Internet-Comedy zu einem Sprachrohr derer, die skeptisch bis kritisch auf die gegenwärtigen Phänomene blicken: von den kapitalistischen Auswüchsen bis hin zu einem Fußball-WM-Patriotismus, der bei aller Hurra-Mentalität die Menschenrechtsverletzungen vergisst. Seine große Followerschaft feierte Hotz dafür, dass er diesen Konturen der Gegenwart mit Witz und Zynismus begegnete. Es schien also nur eine Frage der Zeit zu sein, bis der Social Media-Star auch sein erstes Buch verfasste.
Genau das erschien im April dieses Jahres beim Verlag Kiepenheuer & Witsch unter dem Titel „Mindset“. Sebastian Hotz Debütroman widmet sich einer Hauptfigur, die vom Goldrausch in den Sozialen Medien und von den Distributionsmöglichkeiten des Internets profitiert: Maximilian Krach, so der Name seines aalglatten Protagonisten, ist ein junger Star im Web, blickt auf eine beachtliche Zahl an Followern und ist unerschütterlich von seiner Einzigartigkeit überzeugt. So entwickelt er die Idee, seine Erkenntnisse und Überzeugungen in Seminaren zu teilen. Schnell drängen die Leute zu seinen Coachings, um zu lernen, wie sie durch ihre Einzigartigkeit sowie Selbstoptimierung auf der Karriereleiter aufsteigen können – vom Verlierer zum Gewinner, vom Schaf zum Wolf.
So ein Stoff über einen neoliberalen Guru und seiner Anhängerschaft lässt sich natürlich bestens für das Theater adaptieren. Robert Zeigermann, zuvor Regieassistent am Schauspielhaus Düsseldorf, erarbeitete eine Bühnenfassung des Debütromans, die nun im November Uraufführung feiern wird. Schauspieler Alexander Wanat spielt den Lifestyle-Coach und Finanzexperten, der seinen Followern Disziplin, Selbstüberzeugung und Egoismus, also das „richtige“ Mindset, einhämmert. So entführt das Stück in den neoliberalen Mikrokosmos des Karrierecoachings, der ja selbst vor Theatralität strotzt.
Mindset | 4.11. (UA), 18.11., 6.12. je 20 Uhr | Schauspielhaus Düsseldorf | www.dhaus.de
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