Zwei Tage herrscht in Dortmund der Ausnahmezustand. Nee, keine schwarzgelbe Neusaison-Selbstbeweihräucherung am Borsigplatz, sondern Kultur für Alle, „umsonst und draußen“, wie es der Pressetext betont. Deshalb ein Stoßgebet schon jetzt gen Himmel, dessen Pforten auch nach den Ferien geschlossen bleiben mögen. Das diesjährige Micro!Festival wird wieder ein fröhliches Dauergewitter aus Weltmusik, Straßentheater und Kleinkunst von 28 Ensembles aus zwölf Ländern. Alt und Jung aus der ganzen Rhein-Ruhr-Region (plus Sauerland, versteht sich) grooven auf den Straßen der Stadt. Wem es zu viel wird, wer eher Entschleunigung sucht, der möge die Telefonzelle an der Theaterfläche an der Reinoldikirche suchen und in die interaktive Installation „Schöner Warten“ des Künstlerduos Foolpool eintauchen. Ne Nummer gewählt, dann hört der Mensch etwas über die Geschichte der Warteschleife, ein Medley von Wartesongs (denken wir nur an The Velvet Underground) oder er verschwendet einfach mal Zeit.
Wer aber unbedingt Livemusik erleben will, dem sei am späten Freitagmittag zum Auftakt des Festivals Anewal und ihr Desert-Blues empfohlen. Die neue Band des berühmten afrikanischen Musikers Alhousseini Anivolla aus dem Niger mischt wie zu seinen Zeiten bei Tinariwen wieder traditionelle Tuareg-Rhythmen mit wilden zeitgenössischen Blues-Licks. Aber auf der Theaterfläche an der Reinoldikirche wird auch Theatralisches zelebriert. Am Freitagabend zieht euch erst expressive Jonglage und depressive Clownerie von Matthias Romir („Schwarz“) runter, dann baut euch dort das Stelzentanz-Kollektiv Danzankó mit „DisTouched“ wieder auf.
Einmal schlafen, dann geht es nach dem Mittag auch schon wieder los. Für die Kleinen spaziert wieder Onil der Drache mit seiner Hüterin durch die Straßen. Mutige können ihn füttern und vielleicht, ja, ganz vielleicht brütet er dann ein magisches Drachenei aus. Im Cube (Alter Markt) geht es derweil um ein interdisziplinäres Weltmusik-Projekt. Die drei Frauen von Antífona verbinden dort auf eindrucksvolle Weise indische Musik mit Flamenco, während an der Reinoldikirche Wise Fools ihre zirzensische Performance „Trashpeze“ präsentieren. Das finnisch-südafrikanisches Zirkus-Trio performt dort acht Meter über dem Boden! Aber das Festival geht ja noch bis zum Abend weiter.
Micro!Festival | 11. + 12.8. | Innenstadt Dortmund | www.dortmund.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Zu Gast bei Freunden
25. Micro!Festival in Dortmund – das Besondere 08/18
Magische Musik ohne Manieren
Das Micro!Festival 2017 in Dortmund – das Besondere 08/17
Singen gegen die Schwerkraft
23. Microfestival vom 19.-21.8. in Dortmund – Spezial 08/16
Machen sie doch mal Platz
Das 23. MICRO!Festival in Dortmund – das Besondere 08/16
Fliegendes Geld und goldene Affen
Das Dortmunder Micro!Festival – Prolog 08/15
Tonale Weltkultur-Stimulation
Das 21. Micro!Festival in der Dortmunder Innenstadt – Theater Ruhr 08/14
Kostenloses Abenteuer der Kulturen
20. Micro!Festival in der Dortmunder Innenstadt – Festival 08/13
Der Urlaub geht weiter
Vom 17.-19.8. wird es beim Micro!Festival international - Musik 08/12
Körper und Krieg
„F*cking Future“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 10/25
Foltern ohne Reue
„Törleß“ am Bochumer Rottstr 5 Theater – Prolog 10/25
„Subjektive Wahrnehmung ist verboten“
Regisseurin Jette Steckel über „Das große Heft“ am Bochumer Schauspielhaus – Premiere 10/25
Graf Fridol geht auf Nachtschicht
Musik-Improtheater beim Duisburg Fringe Festival – Festival 09/25
Auf einem Mistkäfer zum Olymp
„Der Frieden“ am Schlosstheater Moers – Prolog 09/25
Ein großartiges Schlachten
Elfriede Jelineks „Am Königsweg / Endsieg“ in Essen – Prolog 09/25
„Es geht auch um Fake News“
Regisseurin Lola Fuchs über „Der zerbrochene Krug“ am Schauspielhaus Dortmund – Premiere 09/25
„Kreativität entsteht manchmal aus Reduktion“
Marc L. Vogler über seine Arbeit als Hauskomponist der Jungen Oper Dortmund – Interview 09/25
Ein Fake für den Nobelpreis
„Der Fall McNeal“ in Düsseldorf – Prolog 08/25
Im Körper graben
„Every-body-knows…“ auf PACT Zollverein – Tanz an der Ruhr 08/25
Supernova oder Weltfrieden
„GenZ, weine nicht“ bei der Jungen Triennale in Bochum – Prolog 08/25
„Wir brauchen sichere, offene Orte“
Ab der Spielzeit 2025/26 leitet Dramaturgin Sabine Reich das Prinz Regent Theater in Bochum – Premiere 08/25
Schnöde Technik oder Magie?
„Oracle“ bei der Ruhrtriennale – Prolog 07/25
„Eine Welt, die aus den Fugen ist“
Kulturamtsleiter Benjamin Reissenberger über das Festival Shakespeare Inside Out in Neuss – Premiere 07/25
Der verhüllte Picasso
„Lamentos“ am Opernhaus Dortmund – Tanz an der Ruhr 07/25
Von Shakespeare bis Biene Maja
Sommertheater in NRW – Prolog 06/25
Tanz als Protest
„Borda“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 06/25