Nein, dies sind keine Postkartenansichten, die Touristen anlocken könnten … „4100 Duisburg“ nennt der Düsseldorfer Fotograf Laurenz Berges seine Fotoserie und Ausstellung in Bottrop, in Erinnerung an Zeiten der alten vierstelligen Postleitzahl. Der Titel ist treffend und unpassend zugleich: All die Duisburger Impressionen – Graffiti auf Hauswänden, Risse im Mauerwerk, Klingelschilder, sperrige Bäume, menschenleere Straßen, Blicke in trostlose Hausflure, über den Rhein und den Binnenhafen – versetzen einen Jahrzehnte zurück ins schmuddelige Industriezeitalter. Doch falsch gedacht, die Bilder sind nahezu aktuell. Berges, der gebürtige Norddeutsche, der lange in Essen lebte und studierte, bevor er an die Düsseldorfer Kunstakademie in die Becher-Fotoklasse wechselte, hat sie in den vergangenen 10 Jahren aufgenommen: Garagen am Abend, tote Häuser mit herabgelassenen Jalousien, Grünzeug vor abblätterndem Putz, Regenrohre, Pfützen, Tunneltristesse – bekannte Klischees des missglückten Strukturwandels. Einmal tief durchatmen… Wo bleibt das Positive, Menschen, leuchtende Farben, eine belebende ironische Brechung?
Keine Frage, einzeln betrachtet sind die Aufnahmen von hervorragender Qualität: mit sorgfältigster Präzision komponiert, die Ausschnitte mit Blick fürs Detail gewählt, für Texturen im Schattenspiel, geduldig die perfekte Lichtsituation abwartend. Wie sein Vorbild Walker Evans sucht Berges die „visuelle Kraft der ästhetisch abstoßenden Dinge“. Jedes Bild ist eine Ikone des Verfalls. Doch in Masse, in einer Reihung von 84 Einzelwerken, die allesamt Lost-Places-Melancholie verströmen, ermüdend.
Laurenz Berges: 4100 Duisburg. Das letzte Jahrhundert | bis 3.5. | Josef Albers Museum Quadrat Bottrop | 0201 297 16
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Junge Schwarze Formensprache
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