Felix ist 16 Jahre alt und besucht die elfte Klasse eines Bochumer Gymnasiums. Für ihn geht es auf das Abitur zu und eigentlich müsste er an diesem Freitagvormittag in einem Leistungskurs sitzen: „Aber ich finde das hier einfach wichtiger“, erzählt er und erläutert, er sei „hier, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen und Einfluss auf die Politik auszuüben“. Einerseits gehe es ihm darum, „die, die etwas zu sagen haben“ zum Umdenken zu bewegen, anderseits aber auch darum, dass jeder Einzelne sein individuelles Verhalten hinterfragen sollte.
Das sieht der 16-jährige Jakob ähnlich. Konkrete Forderungen hat er an Thomas Eiskirch, den Bochumer Oberbürgermeister: „Er hat gesagt, dass er die RWE- und Steag-Aktien verkauft und auch damit angefangen, hat aber dann gestoppt und immer noch nicht alles verkauft. Ich finde, wenn man sich als klimabewusste Stadt ausgibt, dann sollte man auch so handeln.“ Im Gegensatz zu den beiden besagten „Firmen, die große Geldsummen damit verdienen, Kohle abzubauen und zu verbrennen“, müsse viel mehr auf grünen Strom gesetzt werden. Zufrieden ist er hingegen damit, „dass viele junge Leute politisch aktiv sind und sich engagieren, denn es muss etwas passieren in Bochum.“
Auch der ebenfalls 16-jährige Eric sieht diese Dringlichkeit: „Wir machen langsam unseren Planeten kaputt. Das müssen wir stoppen. Und das sollte nicht nur die jungen Leute interessieren, denn jeder ist daran beteiligt.“ Den meisten Menschen sei das auch klar, glaubt er. Trotzdem würden viele dieses Wissen nicht in Handlungen umsetzen. Die „Fridays for Future“-Proteste, so findet er, erfüllen darum einen wichtigen Zweck: „Es rüttelt die Leute wach. Es hat schon etwas erreicht und wenn immer mehr Menschen dazukommen, dann wird sich etwas bewegen“, lautet seine optimistische Prognose.
Meike (24), die an der Ruhr-Universität Bochum Sozialwissenschaften studiert, gehört, wie auch Felix und Jakob, zu den Organisatoren der Demonstrationen in Bochum. Der „Fridays for Future“-Bewegung schreibt sie großes Potential zu: „Sie bringt die jungen Menschen auf die Straße und diese zeigen, dass sie empört sind.“ In der gegenwärtigen Situation seien die Proteste enorm wichtig und nur konsequent: In den Schulen werde nämlich gelehrt, „dass wir Dreck in die Luft pusten und es darum wärmer wird und Krisen auf uns zukommen“. Das theoretische Wissen über Treibhausgase und die globale Erwärmung werde also durchaus vermittelt: „Darüber schreibt man dann eine Klausur und am nächsten Tag soll man wieder zur Schule gehen? Der Streik ist einfach die einzige logische Reaktion darauf – das sagt auch Greta Thunberg.“ Die Schwedin sei „eine unglaubliche Inspiration“, die mit ihrem Durchhaltevermögen eine europäische Bewegung ins Leben gerufen habe: „Davon können wir uns alle noch eine Scheibe abschneiden.“ An den Mächtigen lässt sie hingegen kaum ein gutes Haar: „Es ist nicht mehr tragbar, wie die Politiker gerade die Zukunft verspielen weil sie untätig sind und sich aus der Verantwortung stehlen. Was ist denn das für eine Politik, die nicht weiter als 10 Jahre denken kann?“ Konkrete alternative Vorstellungen hat sie auch: „Wir brauchen eine nachhaltige, grüne Gesellschaft – eine Postwachstumsgesellschaft. Und wir müssen weg von der Orientierung am Brutto-Inlands-Produkt, hin zu einem anderen Indikator, der danach fragt, was das gute Leben ist.“
Auch zu der häufig geäußerten Kritik, dass es trotz des nachvollziehbaren Zieles falsch sei, die Schule zu schwänzen, äußert Meike sich. Sie meint, dass es bei einem Streik doch genau darum gehe, „den normalen Ablauf zu stören: Man möchte auffallen, damit etwas passiert.“ Streiks am Wochenende hätten unmöglich den selben Effekt. Außerdem treffe das Argument, dass durch die freitäglichen Streiks viele Schulstunden ausfallen würden, nicht den wirklichen Kern des Problems: „Drei Stunden, die am Freitag ausfallen sind ein Witz gegenüber den Unmengen an Stunden, die ausfallen, weil Lehrermangel ist. Das ist ein strukturelles Problem.“
Die Bewegung „Fridays for Future“ hat für den 15.3. zu internationalen Streiks aufgerufen. In Bochum beginnt beginnt die Demonstration um 12 Uhr am Hauptbahnhof.
Demonstration „Fridays for Future“ | 15.3. | 12.00 | Bochum Hauptbahnhof.
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