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Der heutige Protestzug auf dem Bahnhofsvorplatz
Foto: Rosanna Großmann

Wende sofort

04. September 2020

Köln: Students for Future radeln „Ohne Kerosin nach Berlin“ – Spezial 09/20

Seit anderthalb Jahren gehen die Protestierenden von Fridays for Future (FFF) auf die Straße und demonstrieren für den Klimaschutz und eine klimagerechte Zukunft. Längst sind es nicht mehr nur die Schüler, die selbstgemalte Banner spannen und Schilder emporrecken. Teachers, Grannys, Scientists FF haben sich bereits gebildet; sie alle formieren sich in der Stadt am Rhein als „Kölle for Future“.

Eine der Bewegungen entstand bereits im Frühjahr 2019 im Uni-Milieu. Am meisten Zuwachs bekamen die Students for Future (SFF) im Wintersemester 19/20, in der Corona-Hochzeit verloren sie ein paar Mitglieder. Doch der Kern, davon 20 bis 30 Aktive, bleibt fleißig. Gerade vor den anstehenden Oberbürgermeister- und Bezirksvertretungs-Wahlen wollen sie noch einmal besonders auf Missstände in der Umweltpolitik aufmerksam machen. Diese Wahl müsse zur „Klimawahl“ werden, sagen sie.

Am Freitag den 4. September, neun Tage vor den Wahlen, starten die SFF eine große Fahrrad-Protesttour, „Ohne Kerosin nach Berlin“ – auch um zu zeigen, dass es ohne Inlandsflüge geht. In 13 Tagesetappen fahren die Teilnehmenden quer durch Deutschland, im Schnitt 60 Kilometer pro Tag, genau 700 Kilometer insgesamt. Fünfzig Radfahrende, die teils mit Polizeischutz über die Landstraßen rollen, dabei Schutzabstände einhaltend.


Der Protestzug unterhalb des Doms
Foto: Rosanna Großmann

„Protestaktion die die Klimabewegung deutschlandweit vernetzt“

Ursprünglich hatten sich 300 Menschen angemeldet, erzählt Leila Kleemann, Pressesprecherin der SFF. „Alle sollten mitfahren können; eine große Protestaktion über den Freitagsprotest hinaus, die die Klimabewegung deutschlandweit vernetzt.“ Größere und kleinere Städte sollen verbunden, der rege Austausch mit den Ortsgruppen und anderen Vereinigungen wie Extinction Rebellion und BUND gefördert werden.

Eine solche offene Planung war mit Eintritt der Coronakrise nicht mehr durchführbar. Ein E-Mail-Check-in wurde herumgeschickt, und wer zuerst eincheckte, durfte zu den Top 50 gehören – darunter auch ein Zubringer von zehn Leuten, die bereits am Montag in Mainz starteten. Einzelne Teilnehmer kommen aus der Schweiz, per Rad oder Zug.

Leila freut sich, die neuen SFFler aus der ganzen Nation endlich kennenzulernen: „Wir haben ja alles über Telefonkonferenzen organisiert, nur mit teilweise 30 Stimmen ein fettes Projekt auf die Beine gestellt.“ Man merke, wie dringlich es vielen sei, jetzt zu reagieren und sich für den Planeten zu engagieren.

Tun, so viel man kann

Die wichtigsten Ziele der „Students“ lassen sich in wenige Schlagworte fassen: Mobilitätswende, Energiewende, Agrarwende – alles mit dem Vorwörtchen „sofortige“. „Wir können nicht mehr sagen, dass wir im globalen Norden keine Auswirkungen der Klimakrise spüren“, unterstreicht Leila. „Auch unsere Bäuer*innen erfahren sie bereits.“ Zum Beispiel in Form von Dürren, die spätestens seit dem Rekordsommer 2018 bestehen.

Die meisten der Studierenden, die die zweiwöchige Radtour antreten, sind es nicht unbedingt gewohnt, jeden Tag 50 Kilometer zu radeln. Ein ambitioniertes Ziel also, was die Kondition angeht. „Doch wir haben keine Wahl“, findet Leila. „Der Klimawandel wird immer schlimmer. Auch wenn es den ganzen Tag regnet, da müssen wir durch.“

Durch die wiederholten Demos, vor allem auch durch besondere Proteste wie „Ohne Kerosin nach Berlin“, soll in der breiten Bevölkerung ein Bewusstsein für die drängenden Klimaprobleme geschaffen werden. Man habe nicht den Anspruch, alles perfekt zu machen. Aber man tut, so viel man kann.

Weitgehend kostenlos soll die Aktion ablaufen. Zwei Versorgungswagen begleiten den Tross, der für die Verpflegung mit Foodsharing arbeitet und unterwegs auf Wiesen von Privatpersonen übernachtet. So kann ein Austausch nicht nur mit anderen Mittzwanzigern stattfinden, auch mit Grundbesitzern, Dörflern, Älteren kommen die SFF in Kontakt. Auch wenn die Masken es erschweren, Gespräche aufzunehmen, wolle man auch in den Dörfern die Menschen nach ihren Erfahrungen fragen und Verbindungen zu schaffen.

„Auch kontroversen Meinungen werden wir uns stellen“, bekräftigt Leila. „Das macht Aktivismus aus.“ Auf dem Instagram-Kanal wird fotografisch berichtet, auf der Website gibt es ein mehrsprachiges Handbuch zur Aktion.

Jan Turowski, ebenfalls Pressesprecher, hat als ersten Übernachtungsplatz einen Gojibeeren-Bauern aufgetrieben: Mithilfe von Google Maps und einem Telefon – so simpel kann es gehen. Natürlich seien nicht alle Angefragten begeistert gewesen oder bereit, die Bewegung zu unterstützen. Außerdem müssen die Plätze groß genug sein, um fünfzig Abstandhaltende mit Zelten unterzubringen.

Kohleausstieg im Rheinland?

In Berlin treffen die Radelnden die Ortsgruppe und den ADFC, gemeinsam soll es in einem Protestzug zum Brandenburger Tor gehen. Bis dahin liegen Etappenziele auf dem Weg. Münster als Fahrradstadt, in der die Students für die Mobilitätswende protestieren wollen und für sichere Verkehrsmittel für alle Generationen. Am Steinkohlekraftwerk Datteln soll es um die Energiewende gehen; kritisiert wird das von den FF-Mitgliedern in „Kohleeinstiegsgesetz“ umgetaufte Kohleausstiegsgesetz, infolgedessen in einem kürzeren Zeitraum mehr Kohle verfeuert werden solle als zuvor. Auch in weiteren Städten, darunter Wolfsburg und Magdeburg, sollen Fahrradproteste stattfinden.

Vor zwei Wochen unternahmen die Studierenden bereits eine erste protestierende Radtour nach Keyenberg, einem Stadtteil von Erkelenz, der für den Tagebau abgerissen werden soll. „Die Erfahrungen von ‚Ohne Kohle nach Keyenberg‘ tragen wir auch nach Datteln“, erklärt Leila. Die 58-Kilometer-Strecke war jedoch nur eine kleine Übung im Vergleich zum großen Ritt. Vor dem Start zieht der Protestzug in Köln vom Rudolfplatz zum Bahnhofsvorplatz, die inzwischen bekannten Parolen skandierend. Für Klimagerechtigkeit – es kann losgehen.

Weitere Termine: Fr 25.9. Globaler Klimastreik | So 27.9. Aktion in Solidarität mit den Aktionen zivilen Ungehorsams von Ende Gelände im Rheinland

Rosanna Großmann

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