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Extinction Rebellion besetzt die Deutzer Brücke in Köln (13. Juli)
Foto: Christopher Dröge

Brücken besetzen

25. Juli 2019

Extinction Rebellion demonstrierte in Köln – Spezial 07/19

„Zivilen Ungehorsam“ machen die Schüler-Aktivisten von Fridays for Future für sich geltend, wenn sie während der Schulzeit lieber auf den Rathausplätzen deutscher Städte demonstrieren, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, anstatt die Schulbank zu drücken – denn erst dadurch wird die Demonstration zum Streik. Ziviler Ungehorsam ist auch ein zentraler Teil der Strategie von Extinction Rebellion, einer ebenfalls noch recht neuen Gruppierung im Spektrum des Klima-Aktivismus. Auch in Köln gibt es eine Ortsgruppe, die nun erstmals mit einer größeren Aktion auf sich aufmerksam machte: Rund 250 Aktivisten hatten an einem Samstag, den 13. Juli, über mehrere Stunden die Fahrspur stadteinwärts der Deutzer Brücke blockiert. Das war den lokalen Medien sogar eine Eilmeldung wert.

Brückenbesetzungen sind bereits so etwas wie ein Markenzeichen der noch jungen Bewegung, die sich erst im vergangenen Jahr in Großbritannien formiert hatte: Hervorgegangen aus dem Aktivistennetzwerk RisingUp und zu Beginn vor allem von Akademikern getragen, war die Gruppe erstmals im Oktober 2018 mit einer gemeinsamen Erklärung der Gründungsmitglieder wie Roger Hallam und Gail Bradbrook in Erscheinung getreten. Schon im folgenden November machten die Aktivisten am „Rebellion Day“ mit der Besetzung von fünf der Londoner Themsebrücken auf sich aufmerksam. Im April dieses Jahres hielten sie London gleich eine ganze Woche lang mit ihrer „Rebellion Week“ in Atem, in der sie nicht nur wiederum mehrere Brücken besetzt hielten, sondern auch weitere öffentliche Plätze und Verkehrsknotenpunkte wie Picadilly Circus oder Parliament Square.

Auch in Deutschland hatte die Bewegung zwischenzeitlich Anhänger gefunden, die während der Rebellion Week in Berlin etwa die Oberbaumbrücke besetzt oder sich mit Fahrradschlössern an das Kanzleramt gekettet hatten. Mit solchen Aktionen legen sie es durchaus darauf an, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen und verhaftet zu werde. Auch wenn sie sich Gewaltfreiheit auf die Fahnen geschrieben haben, meinen sie es durchaus ernst mit dem zivilen Ungehorsam.

In Köln verlief die Besetzung der Deutzer Brücke allerdings ohne Konfrontationen oder Zwischenfälle ab. Die Polizei hatte sich entschlossen, nicht einzugreifen und die Aktivisten gewähren zu lassen – nicht nur, weil diese sich friedlich und kooperativ verhielten, sondern da die Brücke einige Stunden später wegen der „Kölner Lichter“ ohnehin gesperrt worden wäre.

Als Rahmenprogramm der Besetzung fand derweil auf dem Neumarkt der „Markt der Ideen“ statt, der als Ansprechplattform für die Kölner Bürger diente. Stände mit veganem Essen sowie weiterer Klima-Initiativen wie den Parents for Future, außerdem eine Bühne, auf der sich Redner mit Musikern abwechselten, sorgten für entspannte Atmosphäre.

Hier war auch Ingo anzutreffen, der die Rolle eines Sprechers für die Kölner Ortsgruppe übernommen hat. Dass man mit Aktionen wie der Brückenbesetzung auch Unbeteiligte in Mitleidenschaft ziehe, sei den Aktivisten wohl bewusst, so Ingo.

„Es ist uns klar, dass wir einzelne Individuen in ihrer Freiheit einschränken, die vielleicht einfach nur rechtzeitig zu ihren Terminen kommen wollen, aber dieses Risiko gehen wir ein. Für das große Ganze halten wir es für vertretbar, den Leuten ein oder zwei Stunden zu klauen“, meint er.

Die Kölner Ortsgruppe existiert bereits seit vergangenem November, Ingo selbst ist seit Ostern dieses Jahres dabei. Zunächst sei der Kreis recht klein gewesen, doch würden sich immer mehr der Gruppe anschließen. „Die Kölner Gruppe ist inzwischen relativ groß – Köln ist eben Großstadt, es gibt hier aber auch so eine Tradition der Auflehnung“, sagt er.

Im Vergleich zu Initiativen wie Fridays for Future sind die Forderungen von Extinction Rebellion durchaus radikal: So fordern sie etwa, die CO2-Nettoemmissionen in Deutschland nicht bis 2030 oder gar 2038, sondern schon bis 2025 auf null zu senken. Eine Herausforderung, die vielen als völlig unrealistisch erscheinen dürfte.

„Natürlich wirkt das erstmal utopisch und es bräuchte gewaltiger Anstrengungen, dieses Ziel zu erreichen“, weiß auch Ingo. „Es sind sich allerdings auch alle Experten einig, dass sich die Gesellschaft wirklich grundlegend ändern muss, wenn die schlimmsten Auswirkungen verhindert werden sollen.“ Die Forderung sieht er daher vor allem als ein Gesprächsangebot. „Wie realistisch ist es wirklich, was müsste jedes Land der Welt leisten, um dieses Ziel zu erreichen?“ Er selbst ist durchaus zuversichtlich: Viele Technologien, wie Power-to-Gas oder Wasserstoffantriebe, seien bereits einsetzbar. Vor allem aber seien Einschnitte notwendig. „Ich selbst zum Beispiel fahre seit Jahren nur noch Fahrrad und bin auch bereit, noch weitere Einschnitte in Kauf zu nehmen“, so Ingo.

Christopher Dröge

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